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Der OGH wertet Branchenbuchschwindel aufgrund Wertlosigkeit als Betrug

15.05.2018

Die vorliegende Entscheidung des OGH (Beschluss vom 10.4.2018, 11 Os 61/17f) kann als Meilenstein in der Bekämpfung des „Adressbuchschwindels“ bezeichnet werden. Erstmals wurde in Österreich in einem Strafverfahren höchstgerichtlich festgestellt, dass schon allein die (bedingt) vorsätzliche Täuschung über die Werthaltigkeit der angebotenen Branchenregistereinträge einen Betrug im Sinne der §§ 146 ff des Strafgesetzbuches darstellt.

Die Vorgeschichte:
Nachdem sich der Schutzverband in diesem Fall einer groß angelegten, irreführenden Verzeichniswerbung („Gelbes Branchenbuch“, „Herolds Medienverlag“) neben einer erfolgreichen UWG-Klage (Verstoß gegen § 28a UWG) auch beharrlich für eine strafrechtliche Verfolgung eingesetzt hatte, wurden die beiden Verantwortlichen verhaftet und im März 2014 vom Straflandesgericht Leoben wegen schweren gewerbsmäßigen Betrugs zu sechs bzw fünf Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Dieses Urteil wurde allerdings vom OGH aufgrund von zwei Nichtigkeitsbeschwerden im August 2014 wieder aufgehoben (11 Os 64/14t), und zwar mit der Begründung, dass keine Täuschung über die Entgeltlichkeit der Eintragung und die Herkunft der Korrekturabzugsformulare zu erkennen sei (diese Entscheidung des OGH, die in klarem Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung der Zivilsenate des OGH stand, wurde vielfach kritisiert – siehe insbesondere die Glosse von Wiltschek in ÖBl 2015, 24). Jedoch wurde vom OGH ein mögliches Missverhältnis zwischen Rechnungsbetrag und Gegenleistung (Online-Branchenregistereintrag) als Grundlage für eine Verurteilung anerkannt und die Strafsache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Im zweiten Rechtsgang vor dem Landesgericht Leoben beurteilte der gerichtlich beeidete Sachverständige die angebotenen Branchenbucheinträge als praktisch wertlos und wurden die beiden Angeklagten im Februar 2017 vom Gericht erneut zu Haftstrafen in derselben Höhe verurteilt und zwar diesmal allein aufgrund der vorsätzlichen Täuschung über den Wert ihres Angebots. Die dagegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerden wurden nun von OGH zurückgewiesen, womit die Verurteilung wegen schweren Betrugs gemäß §§ 146, 147 Abs 3 StGB rechtskräftig ist. Da im konkreten Fall von den Verurteilten auch noch Berufungen erhoben wurden, steht die endgültige Höhe der Freiheitsstrafe derzeit noch nicht fest, weil diese nun vom Oberlandesgericht Graz zu bestimmen ist.

Zur Entscheidung des OGH:
Bereits im November 2016 verurteilte das Straflandesgericht Graz in einem ähnlichen Fall mit vielen Betroffenen („Gelbes Branchenbuch 2013/2014“) den Angeklagten rechtskräftig wegen Sachwuchers nach § 155 StGB zu einer (bedingten) Freiheitsstrafe, weil der Wert der angebotenen Eintragung laut Sachverständigengutachten nicht einmal 1 % des Rechnungsbetrages betrug (siehe dazu unseren Bericht in Recht und Wettbewerb Nr. 185, Seite 14 ff). Mit dem aktuellen Beschluss des OGH liegt nun die Bestätigung vor, dass eine Täuschung über den Wert einer solchen Branchenbucheintragung auch ein Betrug gemäß § 146 StGB sein kann, wo wesentlich höhere Strafen verhängt werden können. Der OGH bestätigte in seiner Begründung insbesondere den auf Schädigung und unrechtmäßige Bereicherung gerichteten (bedingten) Vorsatz der Angeklagten, welche die Opfer nach dem Tatplan gerade durch die Täuschung über den Wert zu Handlungen (Bezahlung von Eintragungsgebühren für tatsächlich wertlose Einschaltungen sowie Mahnkosten und Anwaltsgebühren) verleitet werden sollten. Die Täter hielten dabei die damit einhergehende unrechtmäßige Vermögensvermehrung ernstlich für möglich bzw nahmen sie billigend in Kauf, wobei dem Verhalten der Angeklagten ein mehr aktiges Betrugskonzept zu Grunde gelegen sei, welches auf dem betrügerisch erwirkten Abschluss eines Vertrages vor Übermittlung einer gerade darauf gestützten Rechnung aufgebaut habe.

Die Entscheidung des höchstgerichtlichen Strafsenats zeigt, dass der beharrliche Einsatz des Schutzverbandes gegen den Adressbuchschwindel dazu beiträgt, dass auch im Bereich des Strafrechts solche „Geschäftsmodelle“ nicht mehr als Kavaliersdelikte angesehen werden sondern entsprechend verfolgt und geahndet werden. Es wird allerdings noch weiterer Anstrengungen bedürfen, um nicht nur die Täuschung über die Werthaltigkeit des Angebots sondern auch die Verschleierung der Herkunft der Formulare und deren Charakter (als bloßes Vertragsangebot) bzw der Entgeltlichkeit des Angebots als Betrugsdelikt ersichtlich zu machen, was etwa durch die vom Schutzverband vorgeschlagene Ergänzung des Strafgesetzbuches durch einen eigenen Tatbestand (§ 148b StGB – Betrügerische Eintragungswerbung, siehe Recht und Wettbewerb Nr. 186, Seite 24 f) geschehen könnte.

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