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Zusammenfassung des ÖV-Expertengespräches zur "Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Österreich"

04.07.2018

Am Dienstagvormittag, den 10.7.2018 fand das kurzfristig organisierte und mit rund 80 Personen praktisch ausgebuchte ÖV-Expertengespräch in Kooperation mit der IV betreffend die „Umsetzung der Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Österreich“ im Haus der Industrie statt. Dabei diskutierten - unter der Moderation von RA Hon.-Prof. Dr. Guido Kucsko - MMag. Erika Ummenberger-Zierler vom zuständigen Bundesministerium Digitalisierung und Wirtschaftsstandort, Hofrat Dr. Jürgen Rassi vom OGH, DI Alois Peham von Siemens und RA Dr. Dominik Hofmarcher mit über 80 Teilnehmern aus Unternehmen, Rechts- und Patentanwaltschaft, Richterschaft, Wissenschaft, Kammern, Verbänden und anderen interessierten Kreisen über die in Begutachtung befindliche UWG-Novelle 2018, mit der die Know-How-Richtlinie der EU umgesetzt werden soll. Ziel der Veranstaltung war es nicht nur, Interessierten einen Überblick über die geplanten Bestimmungen zu geben, sondern insbesondere auch, ein allgemeines Stimmungsbild einzufangen sowie konkrete Anmerkungen und Vorschläge zu diesem wichtigen Gesetzgebungsvorhaben zu erhalten – die zahlreichen Inputs dienten als Basis für die Stellungnahme der ÖV und auch des Schutzverbandes zum Gesetzesentwurf.

Trotz der begrenzten Zeit wurden alle wesentlichen Bestimmungen – von den Definitionen (§ 26b) über rechtswidrige und rechtmäßige Handlungen (§§ 26d und 26e), Ansprüche (§§ 26c, 26f, und 26g), Verfahrensbestimmungen (§ 26h) bis hin zu Spezialbestimmungen für den einstweiligen Rechtsschutz (§§ 26i und 26j) im Plenum erörtert. MMag. Ummenberger-Zierler lieferte dazu jeweils Hintergrundinformationen aus erster Hand, DI Peham gab Einblicke in die Unternehmenssicht und RA Dr. Hofmarcher schilderte die praktischen Erfahrung iZm dem Schutz und der rechtlichen Durchsetzung von Geschäftsgeheimnissen; außerdem gab er einen Überblick über den Stand der Umsetzung in anderen Ländern. Hofrat Dr. Rassi konnte als Richter des vierten Senats und Zivilverfahrensrechtsexperte insbesondere wichtige Hinweise zu den verfahrensrechtlichen Bestimmungen geben.

Zwar hätten viele der Anwesenden ein Spezialgesetz zum Geschäftsgeheimnisschutz bevorzugt, geplant ist aber eine Umsetzung im Rahmen des UWG mit einer minimalen Anpassung in der ZPO. Fast wie ein Gesetz im Gesetz soll ein weitgehend in sich geschlossener Unterabschnitt (§§ 26a – 26j) eingefügt werden – lediglich iZm den Ansprüchen auf Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung wird explizit auf allgemeine UWG-Bestimmungen verwiesen. Im Wesentlichen orientiert sich der Entwurf erfreulicherweise eng an der Richtlinie, wobei teilweise leicht abweichende Formulierungen gewählt wurden. Die Systematik und der Aufbau der Richtlinie wurden nur bedingt übernommen.

Besonders spannend verlief – wie erwartet – die Diskussion zu den geplanten Verfahrensbestimmungen (§ 26h im Umsetzungsentwurf), gibt der europäische Gesetzgeber doch vor, dass der Schutz von Geschäftsgeheimnissen auch in Gerichtsverfahren gewährleitet werden muss (Art 9 der RL). Tatsächlich scheuten Unternehmen bisweilen vor der Einleitung von Gerichtsverfahren zurück, weil sie oftmals vor der Entscheidung standen, entweder ihr Geschäftsgeheimnis durch Offenlegung im Verfahren zu gefährden oder den Prozess zu verlieren. Dankenswerterweise stellen die Legistinnen und Legisten in diesem sensiblen Bereich gleich zwei Umsetzungsoptionen zur Auswahl.
• Option II hält sich eng an die Mindestanforderungen der Richtlinie – im Zentrum steht die Möglichkeit, den am Verfahren Beteiligten die Nutzung und Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses zu verbieten, sofern sie davon ausschließlich aufgrund der Teilnahme am Verfahren Kenntnis erlangt haben (vergleichbar ist dieser Mechanismus wohl mit einem Non Disclosure Agreement, das vor der Offenlegung einer neuen Idee unterzeichnet wird – hier geht es um die Offenlegung im Prozess).
• Option I geht über diesen rein rechtlichen Schutz hinaus und ermöglicht es den Parteien das Geschäftsgeheimnis – jedenfalls vorläufig – erst gar nicht gegenüber der anderen Partei bzw sonstigen Dritten offenzulegen. In dieser Phase bestünde also nicht nur ein rechtlicher, sondern auch ein faktischer Schutz. Da ein In-Camera Verfahren die Verteidigungsrechte im Einzelfall mitunter stark einschränkt, ist vorgesehen, dass das Gericht die Offenlegung im Verfahren anordnen kann, wenn dies für die Rechtsdurchsetzung/Rechtsverteidigung erforderlich ist.

Die Diskussion zeigte, dass die Abwägung der Interessen des Inhabers eines Geschäftsgeheimnisses (mag dies der Kläger oder der Beklagte sein) einerseits und des Verfahrensgegners andererseits überaus schwierig ist, weil der Schutz von Geschäftsgeheimnissen einen Einschnitt in wichtige Prozessgrundsätze bedeutet. Letztendlich sprach sich eine große Mehrheit der Anwesenden im Rahmen einer "Abstimmung" für Option I aus, wobei durchaus Anpassungs- und Verbesserungsbedarf deutlich wurde. Hofrat Dr. Rassi plädierte vor allem für klare Anweisungen an das Gericht, RA Hon.-Prof. Dr. Guido Kucskound RA Dr. Hofmarcher für die Schaffung einer Toolbox, um dem Gericht die Möglichkeit zu geben, im Einzelfall geeignete Maßnahmen zu setzen und Beschlüsse zu fassen. Wir werden über den weiteren Verlauf dieses Gesetzgebungsverfahrens berichten.

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