Aktuelle Judikatur

EuGH: Zur Vollständigkeit von Preisangaben im Kfz-Handel

Die Vorabentscheidung des EuGH vom 8.7.2016, C-476/14, erging im Rahmen eines Verfahrens zwischen der Deutschen Zentralvereinigung des Kraftfahrzeuggewerbes zur Aufrechterhaltung lauteren Wettbewerbs e. V. (ZLW) und dem Kfz-Hersteller (und -Händler) Citroën. Der vorlegende BGH hatte über die Frage der Vollständigkeit der Preisangabe in einer Printwerbung für ein Fahrzeug (der Type Citroën C4) zu entscheiden, in welcher ein (befristeter Aktions-)Verkaufspreis angegeben war, der die zusätzlich anfallenden, vom Käufer zu tragenden Überführungskosten des Wagens vom Hersteller zum Händler nicht enthielt. Lediglich eine dem Verkaufspreis beigefügte (hochgestellte) Anmerkungsziffer („21.800 Euro1“) verwies auf die Fußnote: „Preis zuzüglich Überführung in Höhe von 790 Euro“. Der Preis des Wagens insgesamt (22.590 Euro) war also nicht angegeben.

Gemäß der (deutschen) Preisangabenverordnung (PAngV) sind in der Werbung bzw in Angeboten die Verbraucherpreise „einschließlich … sonstiger Preisbestandteile (Gesamtpreise)“ anzugeben (§ 1 Abs 1 Satz 1 dPAngV; vgl § 5a Abs 1 Z 3 öKSchG, wonach bei Verbrauchergeschäften eine Informationspflicht des Unternehmers hinsichtlich des „Gesamtpreises der Ware“ und „aller zusätzlichen Fracht-, Liefer- und Versandkosten“ besteht). Das Unterlassungsbegehren der ZLW war auf eine Verletzung dieser Vorschrift und zusätzlich auf unlautere Irreführung nach dem dUWG gestützt.

Der EuGH beurteilte den Sachverhalt allein anhand der Richtlinie 98/6/EG (Preisangabenrichtlinie), weil die dort enthaltenen Regelungen über die Angabe von Verkaufspreisen „besondere Aspekte unlauterer Geschäftspraktiken“ behandelten und daher als „lex specialis“ der UGP-Richtlinie 2005/29/EG (Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken) vorgingen.

In der Sache hielt der EuGH zunächst fest, dass eine Werbung, bei der sowohl die Besonderheiten des beworbenen Erzeugnisses als auch ein Preis, der aus der Sicht eines normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers dem Verkaufspreis dieses Erzeugnisses gleichkommt, sowie ein Datum, bis zu dem das an Privatkunden gerichtete „Angebot“ gültig bleibt, genannt werden, von einem solchen Verbraucher als Angebot des Gewerbetreibenden, das Erzeugnis zu den in dieser Werbung genannten Konditionen zu verkaufen, aufgefasst wird. Der angegebene Preis müsse daher den Anforderungen der Richtlinie 98/6/EG genügen und insbesondere ein „Endpreis“ im Sinne von Art 2 lit a dieser Richtlinie sein, der es dem Verbraucher ermögliche, den in einer Werbung angegebenen Preis zu beurteilen und mit dem Preis anderer ähnlicher Erzeugnisse zu vergleichen.

Als ein solcher „Endpreis“ müsse der Verkaufspreis notwendigerweise die unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteile des Preises enthalten, die obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sind und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bilden. Insbesondere dann, wenn sich ein Verbraucher in die Geschäftsräume eines Händlers begibt, um ein Kraftfahrzeug in Besitz zu nehmen, das er bei diesem Händler gekauft hat und das in einem anderen Betrieb hergestellt wurde, seien die Kosten der Überführung des Fahrzeugs üblicherweise vom Verbraucher zu tragen. Diese für den Verbraucher obligatorischen Überführungskosten seien von den zusätzlichen Kosten für den Transport oder die Lieferung des gekauften Erzeugnisses an den vom Verbraucher gewählten Ort zu unterscheiden, da diese zusätzlichen Kosten nicht als unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises angesehen werden könnten.

Entsprechend dieser strengen Auslegung der Preisangabenrichtlinie durch den EuGH müssen daher die Kosten für die Überführung eines Fahrzeuges, soweit sie obligatorisch von den Verbrauchern zu tragen sind, bereits im angegebenen Verkaufspreis enthalten sein, wenn die Werbung aus der Sicht des Verbrauchers als ein konkretes Angebot aufzufassen ist. Es genügt somit nicht, auf diese Kosten in einer Fußnote hinzuweisen.

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