Aktuelle Judikatur

Öffnungszeitenregelungen haben spezifisch lauterkeitsrechtlichen Charakter

In dem Anlassfall beim OGH warb ein Großhändler mit einem Offenhalten auch an einem Feiertag, und zwar dem 8. Dezember. Der OGH sah dieses Offenhalten als unzulässig an (4 Ob 53/17y vom 27.7.2017).

Grundsätzlich ist gemäß § 13a ARG (Sonderregelung für den 8.12.) die Beschäftigung von Arbeitnehmern an diesem Tag in Verkaufsstellen gemäß § 1 Abs 1 und 3 des ÖZG 2003 (das sind im Wesentlichen ständige und nichtständige für den Kleinverkauf von Waren bestimmte Betriebseinrichtungen wie Läden und sonstige Verkaufsstellen) zulässig, wenn der 8.12. auf einen Werktag fällt. Der Begriff des Kleinverkaufs ist von jenem des Großhandels abzugrenzen. Unter Großhandel wird jener Teil des Handels verstanden, bei dem der Absatz der Ware nicht an den Konsumenten, sondern an den Wiederverkäufer erfolgt. Hingegen wird unter Kleinverkauf der Verkauf an nicht unternehmerisch tätige Letztverbraucher verstanden.

Nach der bisherigen Rechtsprechung und Lehre erfolgt die Zuordnung zu den jeweiligen Marktsegmenten Einzel- sowie Großhandel anhand von Umsatzanteilen, allerdings auch unter Berücksichtigung des Zwecks der entsprechenden gesetzlichen Regelungen. Im vorliegenden Fall konnte das von der Beklagten verzeichnete Umsatzverhältnis zwischen Großhandel und Detailverkauf nicht festgestellt werden. Darauf kommt es hier aber letztlich laut OGH auch nicht an. Denn es steht fest, dass Angestellte der Beklagten von dieser am 8.12. mit Verkaufstätigkeiten im Bereich des Großhandels beschäftigt wurden. Dies verletzt die Feiertagsruhebestimmung des § 7 Abs 1 ARG.

Wenn die Beklagte in der Revision ausführt, sie sei gemäß der Ausnahmebestimmung des § 13a ARG berechtigt gewesen, am 8.12. ihren Laden zu öffnen, ist dies zwar zutreffend, weil ihre Betriebseinrichtung ja auch für den Kleinverkauf von Waren bestimmt ist. Das Öffnen des Geschäfts zu diesem Zweck wird vom Kläger auch nicht beanstandet. Beanstandet wird vielmehr das Beschäftigen von Mitarbeitern an diesem Tag für Verkaufstätigkeiten im Bereich des Großhandels. Diese Tätigkeit ist aber nicht von der Ausnahmebestimmung des § 13a ARG gedeckt. Wenn dort die Beschäftigung von Arbeitnehmern in Verkaufsstellen, die für den Kleinverkauf von Waren bestimmt sind, zugelassen wird, so kann sich dies nur auf Tätigkeiten im Zusammenhang mit dieser Art von Geschäftsbetrieb beziehen und nicht auf solche, die darüber hinaus gehen oder einem anderen Geschäftsbetrieb zuzuordnen sind. Dies ergibt sich schon daraus, dass Ausnahmen von der Wochenend- und Feiertagsruhe – wie in § 13a ARG normiert – als Ausnahmerecht von Arbeitnehmerschutzbestimmungen einschränkend auszulegen sind.

Die von der Beklagten angestrebte ausdehnende Auslegung widerspricht diesem Grundsatz und auch dem Zweck des § 13a ARG und führte dazu, dass die bloße Mitabdeckung des Einzelhandels (sei sie auch noch so marginal) jedem Großhändler die – vom Gesetzgeber nicht intendierte, weil nicht im Zusammenhang mit dem Kleinverkauf von Waren stehende – Beschäftigung seiner Mitarbeiter auch am Feiertag erlauben würde.

Dem Argument der Beklagten, die Bereiche des Großhandels und des Einzelhandels ließen sich schwer trennen, ist entgegenzuhalten, dass ihr jedenfalls zumutbar ist, geeignete Maßnahmen zu setzen, um am 8.12. den Handel auf den Kleinverkauf zu beschränken. Die vom Berufungsgericht beispielsweise angesprochene Maßnahme, den Zutritt an diesem Tag nur jenen Personen zu gewähren, die ein „anonymes“ Tagesticket lösen (um den sich für gewerbliche Kunden aus dem Großhandel ergebenden Vorteil von umsatzabhängigen Bonifikationen und Naturalrabatten hintanzuhalten) wäre etwa dazu geeignet. Der bloße Aufdruck auf den Rechnungen „Ware für den Privatgebrauch“ – der keinerlei Auswirkungen auf den jeweiligen Geschäftsabschluss hat – ist dies nicht. Dass der Geschäftsbetrieb am 8.12.2015 nur auf Kleinhandel ausgerichtet gewesen sei, ergibt sich auch nicht aus diesem
– nach dem bereits stattgefundenen Verkauf vorgenommenen – Rechnungsaufdruck.

Angesichts des Fehlens von zumutbaren Maßnahmen der Beklagten zur Hintanhaltung des Großhandels am 8.12. erübrigt sich ein Eingehen auf die Frage der mengenmäßigen Verteilung zwischen Groß- und Detailverkauf. Diese wäre nur dann zu prüfen, wenn die Beklagte trotz des Setzens zumutbarer Maßnahmen, ihr Geschäft am 8.12. auf Kleinhandel zu beschränken, noch Großhandel verzeichnen würde.

Die Rechtsverletzung der Beklagten begründet einen Verstoß gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG. Die von dieser Norm verlangte Eignung der unlauteren Handlung, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen, ist zu bejahen, denn die Beklagte verschafft sich dadurch gegenüber anderen Großhändlern, die sich an die gesetzliche Bestimmung halten und am 8.12. ihre Mitarbeiter nicht beschäftigen, einen evidenten und nicht von der Hand zu weisenden Geschäftsvorteil. Aufgrund des somit gegebenen Lauterkeitsverstoßes der Beklagten besteht der vom Kläger verfolgte Unterlassungsanspruch zu Recht.

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