Aktuelle Judikatur

Abgrenzung der unlauteren Bestechung nach § 10 UWG

Das Privatanklagedelikt des § 10 UWG (Bestechung von Bediensteten oder Beauftragten) hat bislang nur in einzelnen Fällen Bedeutung in der Praxis erlangt (zumindest als eigenständige Strafbestimmung – vgl dazu den Straftatbestand des § 309 StGB; gemäß § 13 UWG kann außerdem auf Unterlassung und Schadenersatz in Anspruch genommen, wer dem § 10 UWG zuwiderhandelt). Dementsprechend „überschaubar“ ist auch die höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dieser Norm. So gibt es nur einige wenige Entscheidungen des OGH, in denen die Reichweite dieser Bestimmung näher konkretisiert wird.

Eine dieser Entscheidungen ist der im Provisorialverfahren ergangene Beschluss des OGH vom 29.1.2019, 4 Ob 252/18i – P-Verkaufswettbewerb?, in welchem das Höchstgericht insbesondere das Tatbestandsmerkmal des „unlauteren Verhaltens des Bediensteten“ erörtert. Im Ergebnis sieht hier der OGH keinen Verstoß gegen § 10 UWG und bestätigt die Abweisung des Sicherungsantrags.
Das auf einen Verstoß gegen § 1 und § 10 UWG gestützte Unterlassungsbegehren richtete sich gegen einen Verkaufswettbewerb für Reisebüromitarbeiter durch einen Reiseveranstalter. Dieser hatte im Online-Auftritt einer touristischen Fachzeitschrift eine Belohnung (zwei Flugtickets nach Irland) für jenen Reisebüro-Agenten ausgelobt, der bis Ende des Monats die meisten Buchungsabschlüsse für bestimmte, von diesem Reiseveranstalter bediente Destinationen vorweisen könne. Der Kläger sah darin eine unlautere Verkaufsförderung und außerdem einen Verstoß gegen das Bestechungsverbot. Der Beklagte hielt entgegen, dass den Verträgen mit den Reisebüros jeweils ein Agenturvertrag zu Grunde liege, der Vermittlungsprovisionen vorsehe. Sonderprovisionen seien branchenüblich und auch nach dem Vertrag zulässig.

Nach Ansicht des OGH sei in Bezug auf § 10 UWG entscheidend, dass der Begünstiger eine Bevorzugung durch unlauteres Verhalten des Begünstigten erreichen will. Ziel der Vorteilszuwendung müsse daher die unlautere Bevorzugung sein. Der Senat schließe sich zwar der Rechtsansicht des Rekursgerichts an, dass übliche Vorteilsgewährungen geringen Umfangs („sozialadäquate Zuwendungen“) die Voraussetzungen des § 10 UWG nicht erfüllten (siehe dazu insb. 4 Ob 302/77). Ein Verstoß gegen § 10 UWG hänge jedoch auch bei einer nicht geringfügigen Zuwendung davon ab, dass der Begünstiger eine unlautere Bevorzugung anstrebt. Die Bezugnahme auf unlauteres Verhalten des Begünstigten trenne die lauterkeitsrechtlich unbedenklichen Leistungsanreize von der Bestechung und sei daher ein notwendiges Tatbestandselement.

Mit ihrem Verkaufswettbewerb spreche die Beklagte nicht beliebige Dritte an, sondern allein ihre Vertragspartner und deren Erfüllungsgehilfen, die auch ohne Verkaufswettbewerb vertraglich dazu verpflichtet sind, sich um den Abschluss von Reisen der Beklagten zu bemühen. Während § 10 UWG auf eine Bevorzugung abstelle, auf die kein Anspruch besteht, seien die mit dem Verkaufswettbewerb angesprochenen Personen auch ohne einen solchen verpflichtet, die Interessen der Erstbeklagten bestmöglich zu fördern. Diesen Personen könne damit nicht ohne weiters unterstellt werden, dass sie bei ihrer Vermittlungstätigkeit statt der Anwendung von sachlichen Kriterien bei der Beratung (zB Bezugnahme auf Leistung, Preis, Konditionen des Reisevertrags, besondere Kundenwünsche etc) allein wegen einer in Aussicht gestellten Gewinnchance dazu übergehen würden, die Erstbeklagte unlauter zu bevorzugen und die Kunden unsachlich (irreführend, falsch, selektiv etc) zu beraten. Kunden eines Reisebüros würden damit rechnen, dass dieses für den Abschluss eines vermittelten Reisevertrags mit einem dritten Unternehmer (Reiseveranstalter) von diesem entsprechend bezahlt werde.

Auch dem Vorbringen des Klägers, dass „Schmieren“ ganz allgemein unlauter nach § 1 UWG sei, wollte das Höchstgericht nicht folgen. Diesem Rechtssatz liege die Entscheidung 4 Ob 384/87 zugrunde, wo die Werbung eines Gastwirts, der ihm unbekannte Busfahrer und Reiseleiter neben einer Gratis-Mahlzeit einen Geldbetrag dafür angeboten hatte, dass sein Gasthaus von den Reisegästen besucht werde, als unlauter beurteilt wurde. Dort seien aber die angesprochenen Busfahrer und Reiseleiter in keiner rechtlichen Beziehung zum Gastwirt gestanden und sei somit diese Konstellation mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar, weil die vom verfahrensgegenständlichen Verkaufswettbewerb angesprochenen potentiellen Teilnehmer ohnedies bereits (vertraglich) verpflichtet gewesen seien, sich zugunsten des Veranstalters des Verkaufswettbewerbs um einen Vermittlungserfolg zu bemühen.

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