Historischer Fall des Monats April

Als private Mitteilung getarnte Werbemaßnahme unzulässig

(OGH 14.3.2000, 4 Ob 59/00f, zB ÖBl 2000, 160 - Black Jack)

Die Beklagte verschickte an zahlreiche Haushalte in ganz Österreich eine persönlich adressierte Werbe-sendung, welche als Ansichtskarte gestaltet war. Auf der Vorderseite waren ein Teil des Kopfes und der ausgestreckte rechte Arm einer der Freiheitsstatue in New York ähnlichen Skulptur zu sehen, die in der rechten Hand eine mit "BLACK JACK" beschriftete Limonadenflasche hielt.

Die Rückseite war in blauer Schreibschrift mit folgendem Text versehen: "16th Feb. 99. Hallihallo, ich sitz grad in der 5th Avenue und denk an Dich. Hier in New York ist es super, und in find's total schade, dass Du nicht da bist. Wenigstens hab ich diese Karte gefunden mit den 2 tollsten Dingen in NY (vorne drauf!). See you! Love! Dein Black Jack. PS: Schreib mir und Grüsse an alle."

Quer zum Text fand sich der Vermerk "P.O. Box 620, 1041 Vienna". Rechts über der Anschrift war "Postgebühr bar bezahlt" aufgedruckt; darüber war eine das Sternenbanner zeigende Marke "USA 50" mit einem amerikanischen Poststempel und dem Aufdruck "AIR MAIL PAR AVION" abgebildet.

Der Kläger war einer der Empfänger und sah sich als Verbraucher in seinen Persönlichkeitsrechten verletzt. Der OGH bejahte diesen Unterlassungsanspruch, weil aus der aus § 16 ABGB abgeleiteten Achtung des Privatbereiches auch der Schutz vor Belästigungen folgt.

In der Sache selber führte er aus, dass der Umworbene auch dann getäuscht wird, wenn eine Werbesendung als private Mitteilung gestaltet ist, deren wahrer Charakter erst nach näherem Betrachten und (teilweisem) Lesen offenbar wird. Der Werbeadressat wird dadurch gezwungen, die Werbebotschaft zur Kenntnis zu nehmen; sie erregt seine Aufmerksamkeit und bleibt ihm auch stärker im Gedächtnis haften als eine sofort als Werbung erkennbare Mitteilung, wie sie oft ungelesen weggeworfen wird.

Eine solche Täuschung ist laut OGH nicht nur sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG; sie ist per se rechtswidrig und führt wegen der faktischen Notwendigkeit, die Werbung zumindest teilweise zur Kenntnis zu nehmen, auch zu einer mit dem Schutz des Privatbereichs unvereinbaren Belästigung.

Die durch sie bewirkte Täuschung unterscheidet als Privatpost getarnte Werbung von Werbung, die sofort als solche erkennbar ist. Der Suggestivwirkung getarnter Werbung kann der Empfänger nicht einfach dadurch entgehen, dass er sie unbesehen wegwirft, sondern er wird durch Täuschung gezwungen, sich ihr auszusetzen.

Das verletzt seine Persönlichkeitsrechte und berechtigt ihn, die Unterlassung derartiger Werbemaßnahmen zu verlangen, ohne dass es einer Abwägung der Interessen von Werbenden und Werbeadressaten
bedürfte. Für eine Interessenabwägung ist kein Raum, weil ein Interesse des Werbenden an täuschenden Werbemaßnahmen von vornherein zu verneinen ist.

Zugehörige Paragraphen des UWG:

§ 1 Unlautere Geschäftspraktiken

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