1. Verbot unlauterer Geschäftspraktiken (§ 1 UWG)

Verstoß gegen Standesregeln Dritter durch Förderung fremden Wettbewerbs

(OGH 24.6.2003, 4 Ob 115/03w)

Leitsatz:
Ein sittenwidriges Verhalten liegt vor, wenn nicht nur für das eigene Unternehmen, sondern auch zB für einen Rechtsanwalt geworben wird und dabei dessen Standesvorschriften verletzt werden.

Zusammenfassung:
Der Beklagte als Unternehmer verteilte unter Hochwasseropfern Fragebögen zur Erhebung persönlicher Daten, wobei diese sich durch Unterzeichnung eines vorgedruckten Vermerks damit einverstanden erklärt hatten, dass sich ein vom Beklagten vermittelter Rechtsanwalt zwecks Geltendmachung allfälliger Schadenersatzansprüche aus der Hochwasserkatastrophe bei ihnen melden würde. Dabei wurde bestätigt, dass eine Erstberatung durch einen auf Abwicklung von Schadenersatzansprüchen nach Katastrophenfällen spezialisierten Rechtsanwalt als Unterstützungshilfe unentgeltlich zur Verfügung gestellt würde.

Der OGH hält dazu fest, dass auch ein Dritter sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG handelt, wenn er in Kenntnis der entgegenstehenden Standesvorschriften oder eindeutiger Standesaufassung, als bewusst, in standeswidriger Weise für sein Unternehmen im geschäftlichen Verkehr wirbt. Das muss um so mehr gelten, wenn der Dritte nicht für sein eigenes Unternehmen, sondern für denjenigen wirbt, dessen Standesvorschriften durch die Werbung verletzt werden.

Die Werbebeschränkungen der Rechtsanwälte sind jedermann leicht zugänglich. Wer für einen Rechtsanwalt wirbt, dem ist auch zuzumuten, sich zu vergewissern, dass die Werbung mit den Standesvorschriften der Rechtsanwälte im Einklang steht. Der vorliegende Fall zeigt gerade, dass dies auch leicht möglich ist, hat doch der Beklagte die Aktion mit dem Rechtsanwalt abgesprochen, dem die Werbeaktion zugute kommen sollte, wie dies bei einer derartigen Aktion auch regelmäßig der Fall sein wird.

Nach § 45 Abs 3 lit c RL-BA (Richtlinien für die Ausüben des Anwaltsberufs) ist die Mandatsakquisition unter Ausnützung einer Zwangssituation unzulässig. Mit der Fragebogenaktion und der als Lockmittel eingesetzten kostenlosen Rechtsberatung haben die vom Beklagten eingesetzten Werber unter Ausnützung der Zwangssituation der Hochwassergeschädigten um Mandate für einen Rechtsanwalt geworben.

Der Beklagte hat damit fremden Wettbewerb gefördert, und da ihm der Verstoß gegen diese Werbebeschränkungen auch vorwerfbar ist, hat er damit sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG gehandelt.

Zugehörige Paragraphen des UWG:

§ 1 Unlautere Geschäftspraktiken

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