2.4 Vergleichende Werbung (§ 2a UWG)

Vorlage an EuGH hinsichtlich der Auslegung der Richtlinie über vergleichende Werbung

(OGH 19.12.2000, 4 Ob 259/99t, zB wbl 2001, 189)

Die Beklagte, welche das Augenoptikergewerbe in ganz Österreich betreibt, warb in einem Werbeprospekt mit der Ankündigung, daß sie bei 52 Brillen Preisvergleichen um S 204.777,-- billiger gewesen sei. Die Hersteller der dabei beworbenen Markenfassungen unterhalten keine direkten Lieferbeziehungen mit der Beklagten. Die Beklagte bezieht diese Brillenfassungen auf anderen Wegen wie zB über Parallelimporte.

In demselben Prospekt warb die Beklagte mit einem konkreten Preisvergleich, wobei die Fassung die gleiche war. Allerdings waren die Gläser der Brille der im Vergleich gezogenen Klägerin von der Firma Zeiss, während die Gläser der Beklagten von der Firma Optimed stammen. Dieser Preisvergleich wurde auch in einem Werbespot im Fernsehen durchgeführt, wobei auch die Geschäftsfassade mit dem Firmenlogo der Klägerin zu sehen war. Die Klägerin sah darin eine unzulässige vergleichende Werbung und brachte eine Unterlassungsklage ein.

Der OGH faßte das Vorbringen der Klägerin in vier Teilbereiche zusammen:
- der Vergleich sei unzulässig, weil Brillen mit Markengläsern Brillen mit No-name-Gläsern gegenübergestellt werden
- der Vergleich betreffe nicht Vergleichbares, weil auf regulären Vertriebswegen bezogene Markenware parallel importierter oder auf anderen Wegen beschaffter Markenware gegenübergestellt wird
- die Voraussetzungen für den Vergleich seien durch einen noch vor Beginn des Angebots der Werbenden vorgenommenen Testkauf geschaffen worden, der bewußt so gestaltet worden sei, daß mit einem möglichst großen Preisunterschied geworben werden konnte
- der Vergleich setze die Fachoptiker herab, indem ganz allgemein der Eindruck erweckt wird, daß deren Preise überhöht seien.

Aufgrund dieser Begehren hat der OGH das Verfahren bis zum Einlagen der Vorabentscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) ausgesetzt und dem EuGH folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1. Ist Art 7 Abs 2 der Richtlinie 97/55/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. Oktober 1997 zur Änderung der Richtlinie 84/450/EWG über irreführende Werbung zwecks Einbeziehung der vergleichenden Werbung (idF: Richtlinie) dahin auszulegen, daß unter "vergleichende Werbung, soweit es sich um den Vergleich handelt", die Angaben über das Angebot des Werbenden selbst, die Angaben über das Angebot des Mitbewerbers und die Angaben über das Verhältnis der beiden Angebote zueinander (das Ergebnis des Vergleichs) zu verstehen sind? Oder handelt es sich nur insoweit um den "Vergleich" im Sinne des Art 7 Abs 2 der Richtlinie, als Angaben über das Ergebnis des Vergleichs gemacht werden, so dass irrige Vorstellungen über andere Eigenschaften der verglichenen Waren/Leistungen nach einem allenfalls strengeren nationalen Irreführungsmaßstab beurteilt werden können?

Ist die Verweisung in Art 3a Abs 1 lit a der Richtlinie auf Art 7 Abs 1 der Richtlinie lex specialis zu Art 7 Abs 2 der Richtlinie, so daß ein allenfalls strengerer nationaler Irreführungsmaßstab auf sämtliche Bestandteile des Vergleichs angewandt werden kann?

Ist Art 3a Abs 1 lit a der Richtlinie dahin auszulegen, daß der Vergleich des Preises eines Markenprodukts mit dem Preis eines qualitativ gleichwertigen No-name-Produkts unzulässig ist, wenn die Namen der Hersteller nicht angegeben werden, oder stehen Art 3a Abs 1 lit c und Art 3a Abs 1 lit g der Richtlinie der Angabe der Hersteller entgegen? Ist das Image eines (Marken-)Produkts eine Eigenschaft der Ware/Dienstleistung im Sinne des Art 3a lit c der Richtlinie? Folgt aus der (allfälligen) Verneinung dieser Frage, daß jeder (Preis-)Vergleich eines Markenprodukts mit einem qualitativ gleichwertigen No-name-Produkt unzulässig ist?

2. Ist Art 7 Abs 2 der Richtlinie dahin auszulegen, dass auch Unterschiede in der Beschaffung der Ware/Dienstleistung, deren Eigenschaften mit Eigenschaften der Ware/Dienstleistung des Werbenden
verglichen werden, allein nach Art 3a der Richtlinie zu beurteilen sind?

Für den Fall der Bejahung dieser Frage: Ist Art 3a der Richtlinie dahin auszulegen, daß ein (Preis-)Vergleich nur dann zulässig ist, wenn die verglichenen Waren auf gleichen Vertriebswegen beschafft werden und daher vom Werbenden und seinem(n) Mitbewerber(n) in vergleichbarer Auswahl angeboten werden?

3. Ist unter "Vergleich" im Sinne des Art 7 Abs 2 der Richtlinie auch die Schaffung der Vergleichs-grundlagen durch einen Testkauf zu verstehen?

Für den Fall der Bejahung dieser Frage: Ist Art 3a der Richtlinie dahin auszulegen, daß die bewusste Herbeiführung eines für den Werbenden günstigen (Preis-)Vergleichs durch einen noch vor Beginn des eigenen Angebots durchgeführten und entsprechend gestalteten Testkauf den Vergleich unzulässig macht?

4. Ist ein Vergleich herabsetzend im Sinne des Art 3a Abs 1 lit e der Richtlinie, wenn der Werbende die beim Mitbewerber gekaufte Ware so auswählt, dass ein Preisunterschied erreicht wird, der über dem durchschnittlichen Preisunterschied liegt und/oder wenn derartige Preisvergleiche immer wieder vorgenommen werden, so dass der Eindruck entsteht, die Preise der(s) Mitbewerber(s) seien generell überhöht?

Ist Art 3a Abs 1 lit e der Richtlinie dahin auszulegen, daß die Angaben zur Identifikation des Mitbewerbers auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken sind und es daher unzulässig ist, wenn zusätzlich zum Namen des Mitbewerbers noch dessen (allfälliges) Firmenlogo und dessen Geschäft gezeigt werden?

Zugehörige Paragraphen des UWG:

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