1.4 Rechtsbruch

Auslegung eines Werbeverbots

(OGH 28.5.2002, 4 Ob 104/02a)

Leitsatz:
Der OGH hat bei einer Entscheidung über die Auslegung eines Werbeverbots des Privatradiogesetzes den Begriff der Werbung allgemein abgegrenzt.

Zusammenfassung:
Der beklagte Verein sendet ein Radioprogramm zur Ausbildung oder Schulung im Zusammenhang mit Hörfunktätigkeiten. Dabei sendete er unentgeltlich Werbung in Form von Werbespots, Werbejingles und Sponsoringansagen. Die Klägerin als Betreiberin eines Privatradios sah darin einen Verstoß gegen das Werbeverbot des § 3 Abs 5 letzter Satz Privatradiogesetz. Dort wird ausgeführt, dass Werbung für diese Ausbildungsradios unzulässig ist.

Der OGH führt dazu aus, dass die wörtliche Auslegung des in Frage stehenden Werbeverbots an die zu prüfende Norm alle möglicherweise aufschlussreichen sprachlichen Erfahrungen heranzutragen hat. Insbesondere gilt das für jene über den Sprachgebrauch, wobei auch die Heranziehung von Wörterbüchern oder der rechtstechnische Sprachgebrauch hilfreich sein kann.

Werbung bedeutet laut OGH im allgemeinen Sprachgebrauch jede Darbietung von Botschaften mit dem Ziel, Einstellungen und Handlungen der Adressaten zum Vorteil des Werbetreibenden zu steuern. Entgeltlichkeit ist grundsätzlich kein Wesensbestandteil von Werbung, weil es auch vielfältige Formen unentgeltlicher Werbung gibt.

Der österreichische Gesetzgeber unterscheidet vielfach zwischen Formen entgeltlicher und unentgeltlicher Werbung, wenn er etwa einmal für die Kennzeichnungspflicht von Werbung gemäß § 26 MedG ausdrücklich das Tatbestandsmerkmal der Entgeltlichkeit vorsieht, ein anderes Mal hingegen gemäß § 14 Abs 2 ORF-Gesetz und § 19 Abs 4 lit b PrR-G auch unentgeltliche Gefälligkeitswerbung als Schleichwerbung beurteilt. Entgeltliche Werbung wird auch im § 13 Abs 1 OEF-Gesetz mit dem Begriff "kommerzielle Werbung" umschrieben.

Angesichts dieses weiten Begriffs von Werbung im allgemeinen sowie im rechtstechnischen Sprachgebrauch von Gesetzgebung und Rechtsprechung fällt nach der Ansicht des OGH mangels einer Einschränkung auf entgeltliche Werbeformen auch Werbung ohne Gegenleistung des beworbenen Unternehmers unter das Werbeverbot des § 3 Abs 5 letzter Satz PrR-G. Damit kann es nicht zweifelhaft sein, dass auch die Nennung von Sponsoren eines veranstalteten Gewinnspiels Werbung im Sinne dieser Bestimmung ist und dem Revisionsrekurs des Beklagten daher nicht Folge zu geben war.

Zugehörige Paragraphen des UWG:

§ 1 Unlautere Geschäftspraktiken

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