1.3 Ausbeutung

Wörtliche Übernahme von Stellenanzeigen ohne Neugestaltung sittenwidrig

(OGH 13.2.2001, 4 Ob 30/01t)

Die Erstklägerin ist Verlegerin einer deutschen überregionalen Tages- zeitung. Die Zweitklägerin bietet im Internet unter anderem jeden Freitag ab 16 Uhr eine Übersicht über alle Angebote des Stellenmarktes der kommenden Samstagausgabe dieser Zeitung. Die Beklagten haben haben aus diesem Online-Stellenmarkt Texte von Inseraten wortwörtlich abgeschrieben und auf der Website unter der Domain "jobmonitor.com" platziert. Darin sahen die Klägerinnen eine sittenwidrige Ausbeutung und brachten Unterlassungsklage ein.

Der OGH verweist auf die Vorentscheidungen 4 Ob 225/00t und 4 Ob 274/00y und führt dann zur einschlägigen Vorentscheidung 4 Ob 23/00m aus, daß dort festgestellt wurde, daß die Beklagte die von der Klägerin gestalteten und veröffentlichten Stellenanzeigen weder durch Kopieren noch Abschreiben noch auch durch ein anderes Mittel vervielfältigt hatte. Sie hatte vielmehr die darin enthaltenen Daten entnommen, neu gestaltet und, in einer Liste zusammengefaßt, im räumlichen Zusammenhang mit ihren übrigen gegen Entgelt beauftragten Stellenangeboten kostenlos veröffentlicht.

Die Stellenanzeigen der Beklagten waren optisch gänzlich anders gestaltet als jene der Klägerin. Unter diesen Umständen war im Sinn der Rechtsprechung zu § 1 UWG ein sittenwidriges Verhalten der Beklagten dort zu verneinen. Der Beklagten war nämlich nicht vorzuwerfen, sie begehe eine "unmittelbare Leistungsübernahme", weil sie ja gerade nicht den genauen Inseratentext und die konkrete Gestaltung, geschweige denn die Platzierung, sondern nur die in den Inseraten enthaltene Information übernommen hatte.

Der hier zu beurteilende Sachverhalt ist demgegenüber dadurch gekennzeichnet, daß die mit Mühe und Kosten erstellten Inserate in praktisch unveränderter Form ins Internet gestellt werden. Es liegt demnach eine sittenwidrige glatte Übernahme eines Arbeitsergebnisses durch technischen Vorgang vor. Wenn die Beklagten in diesem Zusammenhang als eigene Leistung des Betreibers der Website allein auf die "Sichtung und Zusammenstellung der Quellen" hinweisen, ändert dies nichts daran, daß die Inseratentexte der Klägerinnen - von fallweisen geringfügigsten Auslassungen abgesehen - wörtlich in die Website übernommen werden. Daran ändert auch nichts, daß die Betreiberin der Domain "jobmonitor.com" für die veröffentlichten Fremdanzeigen kein Entgelt erhält.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden daher aufgehoben und die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen, weil hier noch Feststellungen zur Mittäterhaftung durchgeführt werden müssen.

Zugehörige Paragraphen des UWG:

§ 1 Unlautere Geschäftspraktiken

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