1.3 Ausbeutung

Keine Rufausbeutung durch die Domain kinder.at

(OGH 16.7.2002, 4 Ob 156/02y)

Leitsatz:
Die Klage des Inhabers der Marke "Kinder" in Verbindung mit Schokoladeprodukten gegen den Inhaber der gleichlautenden Domain ist laut OGH nicht berechtigt.

Zusammenfassung:
Der Kläger als Inhaber der Marke "Kinder" ist im Vertrieb vor allem von Schokolade und Schokoladeprodukten tätig. Aus diesem Recht hat er insbesondere auch unter dem Aspekt eines erweiterten Markenschutzes den Inhaber der Domain "kinder.at" geklagt.

Der OGH führt zunächst aus, dass die auf § 9 UWG und § 10 Abs 1 MSchG gestützten Ansprüche des Klägers unbegründet sind, weil sein Leistungsangebot den Tätigkeitsbereich des Inhabers (laut Ankündigung auf der Website ein Portal für Eltern und Kinder) nicht berührt. Aber auch unter dem Aspekt eines erweiterten Markenschutzes, nachdem die Marke vor allem in Verbindung mit Schokoladeprodukten eine bekannte Marke im Sinne des § 10 Abs 2 MSchG ist, lässt sich für den Kläger nichts gewinnen.

Der OGH verweist auf seine Rechtsprechung zum wettbewerbsrechtlichen Markenschutz gemäß § 1 UWG, wonach der Tatbestand einer Rufausbeutung oder -beeinträchtigung vorraussetzt, dass das vom Beklagten verwendete Zeichen zugunsten des Klägers einen überragenden Ruf im Verkehr besitzt, der auch wirtschaftlich verwertbar ist und vom Beklagten für die eigenen Dienstleistungen werbewirksam genutzt wird. Der Verkehr muss darüber hinaus mit dem Kennzeichen für die Waren, für die es verwendet wird, Gütevorstellungen verbinden, die den guten Ruf begründen.

Die Beurteilung, die angegriffene Wort-Bild-Marke besitzt - wenn überhaupt - nur eine äußerst geringe Kennzeichnungskraft, weil sie ihre Unterscheidungskraft nahezu ausschließlich aus ihrer optischen Gestaltung beziehe, wird vom OGH als zutreffend angesehen. Die Marke ist daher jedenfalls nicht gegen die Verwendung als Domain des darin allein enthaltenden Wortes "Kinder" als einem Wort der Alltagssprache zur Ankündigung eines Internet-Portals mit allgemeinen Inhalten zum Thema Kinder geschützt.

In diesem Sinne zitiert der OGH auch Literatur zum Urteil erster Instanz, die das aus der deutschen Alltagssprache entlehnte Wort "Kinder" wegen seiner weitläufig gehaltenen Aussagekraft jedenfalls für kennzeichnungsschwach, wenn nicht sogar für schutzunfähig hält und einen ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz deshalb verneint, weil das angegriffene Zeichen, das eine Gattungsbezeichnung ist, entsprechend dem umgangssprachlichen Sinn und damit ohne Beeinträchtigung der Marke in ihrer Identifizierungsfunktion verwendet wird.

Zugehörige Paragraphen des UWG:

§ 1 Unlautere Geschäftspraktiken

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