1.1 Kundenfang

Sittenwidriger psychischer Kaufzwang

(OGH 29.1.1980, 4 Ob 410/79, zB ÖBl 1980, 92 - Buchgemeinschaftswerbung)

Die Beklagte befaßte sich unter anderem mit der entgeltlichen Vermittlung von Beitrittserklärungen zu einer Buchgemeinschaft. Der Kontakt mit den zu bewerbenden Personen wurde durch freie Mitarbeiter so eingeleitet, daß sie auf der Straße an Passanten Gutscheine mit dem Aufdruck „Gutschein für ein Werbegeschenk. Bitte sofort abholen.“ verteilten und Interessenten aufforderten, mit ihnen in das Geschäftslokal zu gehen. Dort angekommen wurde der Passant gebeten, Platz zu nehmen, sich ein Werbegeschenk auszusuchen und dann ein auf Bestellung von Druckwerken und Schallplatten gerichtetes Werbegespräch begonnen. Der Schutzverband sah darin einen sittenwidrigen Kundenfang und brachte eine Unterlassungsklage ein.

Laut OGH wurde der Beworbene durch dieses Verhalten vom Werbenden in eine derartige psychische Situation gebracht, daß er sich einem aus sachlichen Gründen gar nicht gewollten Geschäftsabschluß nach der Lebenserfahrung nur schwer entziehen konnte. Auf die Willensentscheidung des Durchschnittskonsumenten darf nicht so stark eingewirkt werden, daß er entgegen seinen auf sachlichen Erwägungen beruhenden Bedenken kauft, bloß um der peinlichen Situation zu entgehen.

Gerade einer solchen Zwangslage wurden jedoch die von den Mitarbeitern der Beklagten angesprochenen Straßenpassanten ausgesetzt. Eine Gesamtwürdigung des Vorgehens der Mitarbeiter der Beklagten ließ dieses als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG erscheinen. Die Beklagte wurde daher verurteilt, unter anderem dieses Verhalten zu unterlassen.

Zugehörige Paragraphen des UWG:

§ 1 Unlautere Geschäftspraktiken

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