Aktuelle Judikatur

Weitere OGH-Entscheidung zur Unlauterkeit eines Abmahnwesens bei Besitzstörungen

Wie berichtet (Meldung vom 4.3.2024 zur Entscheidung des OGH vom 25.1.2024, 4 Ob 5/24z), hatte der OGH das Geschäftsmodell, gewerbsmäßig Besitzstörer im Auftrag der Betroffenen unter Klagsandrohung zu einer Zahlung von EUR 399.- aufzufordern (wovon die Betroffenen 50 % erhielten), trotz Einräumung von „Mitbesitz an der gestörten Liegenschaft“ als Verstoß gegen den Rechtsanwaltsvorbehalt und damit als unlauteren Rechtsbruch im Sinne des § 1 UWG beurteilt. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass dieser Vorbehalt nicht bloß reine Vertretungstätigkeiten umfasst, sondern auch die insgesamt traditionellerweise von Rechtsanwälten ausgeübten Tätigkeiten, zu denen eben auch die Rechtsdurchsetzung bei Besitzstörungen zählt.
In der Folge modifizierte die Firma ihr Geschäftsmodell durch die automatische Einbeziehung von „Partnerrechtsanwälten“, welche die Schreiben an die Störer verschicken sollten. Den Kunden wurde weiterhin unter dem Schlagwort „Wir schützen Ihren Besitz!“ angeboten, dass ihnen bei Besitzstörungen durch Falschparker „schnell und unbürokratisch“ geholfen werde. Nach der Meldung durch den Kunden würden die Halterdaten des Störers ermittelt und sich die Partneranwälte mit diesem postalisch in Verbindung setzen. Wie beim Vorgängermodell würden die Kunden mit Zahlung des Störers bis zu 200 EUR erhalten. Es würden keine Kosten für den Kunden anfallen, sodass dieser auch vom Risiko einer etwaigen Klagsführung wegen Besitzstörung und somit von allen Gerichts- und Anwaltskosten befreit sei. Dem neuen Modell lagen AGB zugrunde, wonach der Antragsgegnerin ein Erfolgshonorar von 50% der vom Störer geleisteten Zahlung zustehe.
Die Antragstellerin (dieselbe wie im ersten Verfahren) begehrte, dieser Firma zu untersagen, neuerlich anwaltliche Tätigkeiten anzubieten und sich dieses Mal zudem für die Vermittlung von Mandanten ein Erfolgs- und Vermittlungshonorar auszubedingen, das in einem Prozentsatz der vereinnahmten Zahlungen besteht. Die Antragsgegnerin verstoße damit nämlich auch gegen das Quota-litis-Verbot nach § 879 Abs 2 Z 2 ABGB (danach ist es unzulässig, wenn sich ein Anwalt von seinem Mandanten als Honorar „einen bestimmten Teil des Betrages versprechen lässt, der der Partei zuerkannt wird“). Die Antragsgegnerin wandte dagegen ein, sie sei lediglich Prozessfinanziererin bzw Vermittlerin und liege kein Verstoß gegen diese Bestimmung vor.
Der OGH bestätigte einen unlauteren Verstoß gegen § 8 RAO und das Quota-litis-Verbot. Er hielt dazu in seinem Beschluss vom 10.9.2024, 4 Ob 144/24s, fest, dass sich der Begriff des „Rechtsfreunds“ im Sinne des Quota-litis-Verbots nicht ausschließlich auf Rechtsanwälte oder sonstige Personen beschränke, für die – den anwaltlichen Standespflichten vergleichbare – Standesregeln bestehen, sondern auch ein Prozessfinanzierer dem Verbot unterliegen kann, wenn dieser seinen Kunden Rechtsberatung erteilt oder versucht, Einfluss auf die Verfahrensführung durch die Anwälte zu nehmen. Mit Blick auf das Weisungsrecht der Antragsgegnerin gegenüber ihren Partnerrechtsanwälten, den Umstand, dass diese von den Kunden ihr gegenüber von der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht entbunden wurden und auch wegen der Möglichkeit der Antragsgegnerin, gegenüber den Rechtsanwälten ohne jegliche inhaltliche Einschränkungen und Rücksprache mit den Kunden rechtsgeschäftliche Erklärungen für diese abzugeben, ist die Antragsgegnerin als „Herr des Verfahrens“ zur Durchsetzung der Besitzstörungsansprüche anzusehen. Auch die öffentliche Äußerung, dass „sich die Rechtsanwaltschaft … sohin warm anziehen (kann)“ bzw dessen Prophezeiung, dass „die geschützte Werkstatt des § 8 RAO (nicht) auf ewig vor Konkurrenz vor Firmen und Dienstleister wie unsere schützen wird“, fügt sich in das Bild, dass die Rechtsdurchsetzung ungeachtet des Einschaltens von Partnerrechtsanwälten in Händen der Antragsgegnerin liegt. Somit erbringt die Antragsgegnerin gegenüber ihren Kunden selbst weiterhin inhaltliche Leistungen, die einem Rechtsanwalt vorbehalten sind und ist deshalb auch das Verbot des § 879 Abs 2 Z 2 ABGB auf diesen Anbieter anzuwenden.

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