Aktuelle Judikatur

Hotelbewertungen: Meinungsäußerungsfreiheit kontra Datenschutz

Ein Hotelier in Salzburg verlangte die Löschung seines Hauses von der Online-Reiseplattform Tripadvisor, wo neben diversen Informationen über das Hotel auch zahlreiche Bewertungen zu finden waren. Nachdem die Plattform die Löschung ablehnte, brachte der Unternehmer bei der Datenschutzbehörde (DSB) eine Beschwerde wegen unrechtmäßiger Datenverarbeitung und Verletzung des Rechts auf Löschung nach Art 17 Abs 1 lit d DSGVO (Datenschutz-Grundverordnung) ein. Sowohl die DSB als auch das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) lehnten die Beschwerde unter Hinweis auf Art 6 Abs 1 lit f DSGVO ab.

Nach dieser Bestimmung ist eine Verarbeitung von Daten zulässig, „wenn die Verarbeitung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen“. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erklärte die Revision zwar für zulässig, weil es noch keine Rechtsprechung des VwGH zur Datenverarbeitung durch Bewertungsplattformen gab, sah jedoch – wie schon die Vorinstanzen – in der Weigerung von Tripadvisor, das Hotel von seiner Plattform zu löschen, keine Verletzung des Datenschutzrechts (Erkenntnis vom 17.5.2024, Ro 2022/04/0026).

Der VwGH begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass die Meinungs- und Informationsfreiheit durchaus ein berechtigtes Interesse im Sinne des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO darstellen kann. So steht es Hotelgästen zu, ihre Meinung über das Haus kundzutun, wie umgekehrt potenziellen Gästen das Recht zusteht, sich über den Betrieb zu informieren. Die DSGVO schützt eben auch die Interessen Dritter, wie hier der (potenziellen) Gäste. Da eine Bewertungsplattform die Abgabe derartiger Meinungsäußerungen und eine strukturierte Suche nach ihnen ermöglicht, dient sie der Meinungsäußerungsfreiheit und ist die damit verbundene Verarbeitung personenbezogener Daten grundsätzlich zur Wahrung eines berechtigten Interesses im Sinne des Art 6 Abs 1 lit f DSGVO erforderlich.

Bei der Interessenabwägung ist danach zu differenzieren, ob die verarbeiteten Daten den Bereich der geschützten Privatsphäre betreffen oder die (sogenannte) Sozialsphäre, die dadurch gekennzeichnet ist, dass die betroffene Person in der Öffentlichkeit in Erscheinung tritt, wie dies zB bei der Erbringung von Dienstleistungen gegenüber Dritten der Fall ist (der VwGH verweist hier auf die Entscheidung des OGH 2.2.2022, 6 Ob 129/21w). Bewertungen betreffend das Auftreten als Hotelbetreiber sind der Sozialsphäre zuzuordnen und ist nicht zu beanstanden, wenn diese daher bei der Interessenabwägung als geringere Eingriffe in den Schutz der personenbezogenen Daten angesehen werden.

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