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Geplante EU-Richtlinie zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen

04.04.2014

Der Richtlinienentwurf der Kommission vom 28.11.2013, COM(2013) 813, abrufbar unter http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX:52013PC0813, enthält Regeln für den Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb, Nutzung und Offenlegung, wobei strengere Regeln in den einzelnen Mitgliedstaaten unangetastet bleiben sollen. Derzeit ist der rechtliche Schutz von nicht veröffentlichtem Know-how und anderen vertraulichen Geschäftsinformationen in den EU-Mitgliedstaaten uneinheitlich geregelt bzw fehlen in einigen Ländern entsprechende Vorschriften überhaupt. Dieses unterschiedliche Schutzniveau ist nach Ansicht der Kommission besonders bei innovativen, grenzüberschreitenden Kooperationen ein Hindernis. Gerade auch für kleine und mittlere Unternehmen ist es von besonderer Bedeutung, dass die unbefugte Verwertung vertraulicher Daten und Unternehmensinformationen, die nicht durch gewerbliche Schutzrechte gesichert sind, EU-weit angemessen sanktioniert ist.

Der Richtlinienvorschlag, der aktuell im Europäischen Rat und Parlament behandelt wird, sieht eine gemeinsame Begriffsbestimmung des „Geschäftsgeheimnisses“ vor, welche drei Elemente umfasst: Die Information muss vertraulich sein, sie sollte aufgrund ihrer Vertraulichkeit von kommerziellem Wert sein und der Inhaber des Geheimnisses sollte angemessene Anstrengungen zur Geheimhaltung der Information unternehmen. Nicht nur technische Informationen, wie Verarbeitungsprozesse, Rezepturen oder Konstruktionszeichnungen, sondern auch wirtschaftliche Informationen, wie Kundenkarteien, Einkaufskonditionen oder Ergebnisse von Marketingstudien, sollen vom Schutzumfang erfasst sein.

Als zentrale Bestimmung soll normiert werden, wann bzw durch welche Handlungen ein Erwerb von Geschäftsgeheimnissen als rechtswidrig anzusehen ist. Entscheidendes Kriterium für die Rechtswidrigkeit entsprechender Handlungen sowie für die unbefugte Nutzung oder Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses soll grundsätzlich das Fehlen der Zustimmung des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses sein. Als Handlungen genannt werden die unbefugte Anfertigung von Kopien vertraulicher Dokumente oder elektronischer Dateien, der Erwerb geheimer Informationen durch Diebstahl, Betrug, Bestechung, sowie – quasi als Generalklausel – jedes sonstige Verhalten, das „unter den jeweiligen Umständen als mit einer seriösen Geschäftspraxis nicht vereinbar gilt“ (die genaue Formulierung ist noch Gegenstand der Beratungen, vgl den Änderungsvorschlag des Rates dazu vom 5.3.2014, 7039/1/14, abrufbar unter
http://www.parlament.gv.at/PAKT/EU/XXV/EU/01/50/EU_15078/imfname_10445105.pdf - bis dato nur englisch).

Rechtswidrig soll auch die Nutzung eines Geschäftsgeheimnisses durch einen Dritten sein, der nicht unmittelbar am ursprünglichen rechtswidrigen Erwerb bzw der rechtswidrigen Nutzung oder Offenlegung beteiligt war, sofern diesem bewusst ist oder bewusst sein muss, dass hier eine unrechtmäßige Handlung vorausgegangen ist. Der vorliegende Textentwurf enthält allerdings auch einschränkende Ausschlusstatbestände, bei deren Vorliegen kein rechtswidriger Erwerb eines Geschäftsgeheimnisses vorliegt, wie etwa bei reverse engineering, also der Rekonstruktion bzw Untersuchung eines – rechtmäßig erlangten – Produkts. Kein Anspruch auf Rechtsschutz soll auch dann bestehen, wenn etwa der Erwerb oder die Nutzung des Geschäftsgeheimnisses einer legitimen Wahrnehmung des Rechts auf Meinungsäußerung und Informationsfreiheit gedient hat oder zur Aufdeckung eines ordnungswidrigen Verhaltens, einer strafbaren Handlung oder einer illegalen Tätigkeit erforderlich war.

Die Kommission legt in ihrem Entwurf besonderes Augenmerk auf eine wirksame Rechtsdurchsetzung. Die Mitgliedstaaten sollen verpflichtet werden, geeignete Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe vorzusehen, die erforderlich sind, um den zivilrechtlichen Schutz von Geschäftsgeheimnissen zu gewährleisten. Dazu zählen die Sicherstellung einer effektiven Durchsetzungsmöglichkeit von Unterlassungs-, Schadenersatz- und Vernichtungsansprüchen. Überdies sollen die zuständigen Justizbehörden auf Antrag des Inhabers des Geschäftsgeheimnisses berechtigt sein, vorläufige bzw vorbeugende Maßnahmen zu verhängen. Der Entwurf spricht auch die Wahrung der Vertraulichkeit von Geschäftsgeheimnissen im Verlauf von Gerichtsverfahren an und trägt den Mitgliedstaaten auf, entsprechende geheimnisschutzwahrende Vorkehrungen auf Gesetzesebene zu treffen.

In Österreich ist die Verletzung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen als strafrechtliches Privatanklagedelikt in § 11 f UWG sanktioniert (siehe auch §§ 122 ff StGB). Strafbar macht sich nach dieser Bestimmung, wer Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse, deren Kenntnis er durch eine unrechtmäßige Mitteilung oder durch eine gesetz- oder sittenwidrige eigene Handlung erlangt hat, zu Zwecken des Wettbewerbs unbefugt verwertet oder anderen mitteilt; gleiches gilt für die unbefugte Verwertung von im geschäftlichen Verkehr anvertrauten Vorlagen oder Vorschriften technischer Art. Praktisch bedeutsamer als diese strafrechtliche Sanktionierung sind die zivilrechtlichen Ansprüche des Verletzten, der gemäß § 13 UWG Unterlassung und Schadenersatz begehren kann. Die unlautere Verwertung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen kann darüber hinaus auch ein Verstoß gegen die Generalklausel des § 1 UWG sein. Nach dem Inkrafttreten der Richtlinie werden voraussichtlich Anpassungen im UWG notwendig sein.


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