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Kartellrechtsnovelle 2017 in Kraft getreten

01.05.2017

Wie bereits vom Schutzverband berichtet (Recht und Wettbewerb Nr. 185, 10 ff), war die EU- Kartellschadenersatzrichtlinie (RL 2014/104/EU) von den Mitgliedstaaten binnen zwei Jahren umzusetzen, und zwar mit dem Ziel, die Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen nach „Wettbewerbsrechtsverletzungen“ (Kartellrechtsverstößen) zu erleichtern. Auf diese Weise soll ergänzend zur behördlichen Verfolgung von Wettbewerbsbeschränkungen das „private enforcement“ (die Ahndung von Kartellrechtsverstößen durch Geschädigte auf Basis zivilrechtlicher Klagen) gestärkt werden.

Die Novelle (Kartell- und Wettbewerbsrechts-Änderungsgesetz 2017 – KaWeRÄG 2017, BGBl. I Nr. 56/2017) bringt eine grundlegende Neufassung der bestehenden Schadenersatz-Regelung im Kartellgesetz (KartG). Die Bestimmungen gelten nicht nur für Kartelle (wettbewerbsbeschränkende Absprachen) sondern auch für den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung. Ausgehend von begrifflichen Definitionen, die von der EU-Richtlinie vorgegeben waren, wurde der entsprechende Abschnitt des KartG durch wesentliche materiellrechtliche und prozessuale Sonderregelungen ergänzt.

So beträgt die Verjährungsfrist für einschlägige Ersatzansprüche fünf Jahre (anstatt drei Jahre wie für allgemeine Schadenersatzansprüche), der Ersatz des Schadens umfasst jedenfalls auch den entgangenen Gewinn und es gilt grundsätzlich die (widerlegliche) Vermutung, dass ein Kartell zwischen Wettbewerbern einen Schaden verursacht. Gesetzlich festgeschrieben ist auch die solidarische Haftung jedes der am Kartellrechtsverstoß beteiligten Unternehmer, von der allerdings (genauer definierte) kleine oder mittlere Unternehmen ausgenommen sind.
Entsprechend den komplexen prozessualen Fragen, die sich bezüglich der Offenlegung von Beweismitteln in solchen „follow on“-Schadenersatzprozessen stellen, sind die einschlägigen Regelungen besonders umfassend und detailreich.

Auch andere wichtige Punkte, wie die Hemmung der Verjährung des Ersatzanspruchs während der Dauer des wettbewerbsbehördlichen Verfahrens, wurden genau geregelt. Die neuen Schadenersatzregelungen sind auf den Ersatz von Schäden anzuwenden, die nach dem 26. Dezember 2016 (bis zu diesem Datum hätte die EU-Richtlinie umgesetzt sein müssen) entstanden sind.

Neben diesen richtlinienbedingten Ergänzungen gibt es noch weitere Änderungen im KartG:

So wird künftig (ab 1. November 2017) bei der Anmeldepflicht für Unternehmenszusammenschlüsse auch auf den Wert der Gegenleistung für den Zusammenschluss abgestellt (mehr als 200 Millionen EUR), wenn das zu erwerbende Unternehmen „in erheblichem Umfang im Inland tätig“ ist. Grund dafür ist, dass sonst manche kritische Unternehmensübernahmen – etwa im digitalen bzw IT-Bereich, aber auch bei Verkehrsunternehmen – wegen relativ geringer Umsätze des gekauften Unternehmens keiner Fusionskontrolle unterworfen wären, obwohl bei diesen Transaktionen Milliardenbeträge für Technologien oder Daten gezahlt werden bzw auch marktbeherrschende Stellungen entstehen könnten.

Verfahrensrechtlich neu ist (unter anderem), dass das Kartellgericht nicht nur stattgebende sondern auch ab- oder zurückweisende, rechtskräftige Entscheidungen zu veröffentlichen hat (auch über Anträge auf Erlassung einstweiliger Verfügungen) und zudem bei Settlement-Vereinbarungen keine verkürzten, begründungslosen Entscheidungen mehr zulässig sind.
Da häufig kritisiert wurde, dass kartellgerichtliche Entscheidungen oft von Sachverständigen-Gutachten geprägt seien, die praktisch nicht überprüft werden könnten, ist ab jetzt ein Rekurs gegen eine Entscheidung auch dann möglich, wenn sich „aus den Akten erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der der Entscheidung des Kartellgerichts zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen ergeben“.

Die Änderungen im Wettbewerbsgesetz (WettbG) betreffen im Wesentlichen die Anpassung der Kronzeugen-Regelung an die EU-Schadenersatz-Richtlinie und die Regelung der Voraussetzungen für die Offenlegung von Beweismitteln durch die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) in Schadenersatzverfahren.

Weiters wurde klargestellt, dass die BWB berechtigt ist, im Rahmen einer Hausdurchsuchung auf sämtliche geschäftlichen Unterlagen zuzugreifen, auf die „im oder vom Unternehmen aus zugegriffen werden kann, unabhängig davon, in welcher Form diese vorliegen“. Nach den Gesetzeserläuterungen sollen damit insbesondere auch Daten erfasst werden können, die auf externen Servern oder in Clouds gespeichert wurden.

Schließlich wurde die Bestimmung über „Kaufmännisches Wohlverhalten“ im Nahversorgungsgesetz (NVG) ergänzt und auch das Fordern von „besonderen Ausstattungen, Rücknahmeverpflichtungen oder Haftungsübernahmen“ für unzulässig erklärt.

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