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Bei Verkauf aller Waren im Lockdown durch Mischbetriebe entgegen der gesetzlichen Vorgaben laut OGH generell keine Klage nach dem UWG möglich

01.12.2021

Zu einer der heiß diskutierten Fragen der Corona-Regelungen hat das Höchstgericht in einem UWG-Prozess Stellung genommen, aber sich dabei auf eine formale Position zurückgezogen und somit inhaltlich keine Klärung herbeigeführt. Zunächst löste es von Beginn der Pandemie an bei allen verordneten Lockdowns mit einer Sperre des Handels mit Ausnahme insbesondere des Lebensmittelbereichs größtes Unverständnis aus, dass insbesondere große Mischbetriebe mit ihren vielen Filialen weiter auch Elektrogeräte, Modeartikel, Werkzeuge, Spielwaren oder alles für den Garten verkauften, obwohl nur der tägliche Bedarf gedeckt werden sollte.

Der Schutzverband brachte deshalb eine einstweilige Verfügung gegen einen Filialisten ein, welche aber von den Gerichten in allen Instanzen nicht erlassen wurde. So begründet der OGH letztendlich die Abweisung damit, dass die damalige Lockdown-Verordnung (welche immer neu für jeden Lockdown erlassen wird) schon zum Zeitpunkt der Entscheidung der ersten Instanz nicht mehr in Kraft war. An einem wettbewerbsrechtlichen Verbot bestehe deshalb kein Interesse mehr (OGH 28.9.2021, Geschäftszahl 4 Ob 147/21b). Die Tatsache, dass diese wiederholten Lockdownverordnungen inhaltlich gesehen sich im Grunde wiederholen, wurde vom Höchstgericht nicht aufgegriffen, sondern jeder Lockdown als eigenes separates Verbot eingestuft.

Konkret hatten einige große Lebensmittelhändler im Zeitraum von 1. April bis 2. Mai 2021 nicht nur Lebensmittel und Drogeriewaren, sondern auch in dem vorhandenen, breiten Sortiment eines Mischbetriebes Waren fast aller anderen Handelsbetriebe verkauft, welche selber geschlossen halten mussten. Laut der Begründung dieser Lockdown-Verordnung sollte das nicht zulässig sein. Aus Sicht des Schutzverbandes haben die Unternehmen damit gegen die Corona-Einschränkungen verstoßen und sich einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil verschafft. Es wurde deshalb auch zur Klärung für zukünftige Lockdowns eine Unterlassungsklage und ein Antrag auf einstweilige Verfügung gegen einen Lebensmitteldiskonter mit mehr als 400 Filialen österreichweit und besonders hohen Umsätzen auch im Non-Food-Bereich eingebracht. Dieser Händler sollte es damit künftig unterlassen, neben Lebensmitteln und Drogeriewaren auch andere Produkte anzubieten.

Der Oberste Gerichtshof lehnte diesen im UWG immer auf künftige Unterlassung gerichteten Antrag aus rein formal orientierten Gründen ab. Ein solches für die Zukunft wirkendes Verbot könne laut dem Höchstgericht nur dann erlassen werden, wenn das beanstandete Verhalten auch nach neuer Rechtslage unzulässig sei. Das sei hier aber nicht der Fall, denn die Lockdown-Verordnung vom Frühjahr 2021 sei schon vor der nach einigen Wochen erfolgten Entscheidung des Erstgerichts nicht mehr in Kraft gewesen. Ob dieser Mischbetrieb während des Lockdowns gegen die Rechtslage verstoßen hat, sei daher laut OGH nicht mehr entscheidend und damit auch im UWG-Verfahren nicht weiter zu prüfen.

„Unser Ziel war es, einen Präzedenzfall für mögliche künftige Lockdowns zu schaffen“, erklärt Hannes Seidelberger als Geschäftsführer des Schutzverbandes gegen unlauteren Wettbewerb auch zu Medienanfragen nach dieser Entscheidung. Wir hätten uns daher eine inhaltliche Klarstellung des Obersten Gerichtshofes gewünscht, müssen aber die Entscheidung so akzeptieren.“ Bei diesem geklagten Mischbetrieb sind die Leute teilweise auch Schlange gestanden, um zum Beispiel Gartenmöbel als Aktionsangebot zu kaufen. „Derartige Menschenansammlungen hätte der Lockdown gerade verhindern sollen“. Nun sind die an sich zuständigen Gesundheitsbehörden zusammen mit der Polizei noch mehr dazu berufen, zukünftige Einschränkungen wirklich fair und im Sinne einer Kontaktreduktion auch im Bereich des Handels durchzusetzen, nachdem sich die Zivilgerichte dafür nicht berufen sehen.


Hier die Zusammenfassung des OGH unter www.ogh.gv.at und dann Entscheidungen:

OGH | 4 Ob 147/21b | 28.09.2021 | Urteile und Beschlüsse des OGH
Folgenlose Verstöße gegen coronabedingte Sortimentsbeschränkungsregelungen im Supermarkt
Ein mittels einstweiliger Verfügung erlassenes Verbot kommt nach Ablauf jener Norm, gegen die die Antragsgegnerin verstoßen haben soll, nicht mehr in Betracht.
Der Kläger ist ein Verein zur Wahrung wirtschaftlicher Unternehmensinteressen, unter anderem zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs. Die Beklagte betreibt Supermärkte, in welchen sie Lebensmittel und andere Waren verkauft. Sie hat im Zeitraum vom 1. April 2021 bis 2. Mai 2021 (während der Geltungsdauer der Bestimmung des § 25 der 6. Novelle zur 4. COVID-19-Schutzmaßnahmenverordnung) in Filialen in Niederösterreich und Wien diverse Non-Food-Artikel wie Spielwaren, Elektrogeräte, DVD, Gartenwerkzeug etc beworben, angeboten und verkauft.
Zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragt der Kläger, der Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zu verbieten, im pandemiebedingten Lockdown in bzw für Betriebsstätten, welche regional von einem Lockdown erfasst sind, Waren, die nicht dem typischen Warensortiment des Lebensmittelhandels entsprechen und/oder nicht dem typischen Warensortiment eines von einem Betriebsstätten-Betretungsverbot im Lockdown ausdrücklich ausgenommen Betriebs entsprechen, anzubieten, zu bewerben und/oder zu verkaufen.
Die Vorinstanzen wiesen den Antrag ab. Das Begehren sei wegen der Begriffe „pandemiebedingter Lockdown“ und „Waren, die nicht dem typischen Warensortiment eines von einem Betriebsstätten-Betretungsverbots im Lockdown ausdrücklich ausgenommenen Betriebs entsprechen“ unbestimmt.
Der Oberste Gerichtshof wies den dagegen erhobenen außerordentlichen Revisionsrekurs des Klägers zurück.
Die für den Bereich der Bundesländer Wien, Niederösterreich und Burgenland maßgebliche Rechtslage, auf die sich der Kläger zur Begründung des vorgeworfenen unlauteren Rechtsbruchs stützt, änderte sich bereits vor dem erstinstanzlichen Entscheidungszeitpunkt. Die in der genannten Bestimmung ursprünglich angeführte Warensortimentsbeschränkung galt nur bis zum 2. Mai 2021. Ob das vom Kläger beanstandete Verhalten – nämlich das Anbieten, Bewerben und/oder Verkaufen von Waren, die nicht dem typischen Warensortiment des Lebensmittelhandels und/oder nicht dem typischen Warensortiment eines von einem Betriebsstätten-Betretungsverbot im Lockdown ausdrücklich ausgenommenen Betriebs entsprechen – gegen die Rechtslage verstoßen hat, kann offen bleiben. Mit Ablauf des 2. Mai 2021 war dieses Verhalten jedenfalls nicht unzulässig. Schon aus diesem Grund kommt die Erlassung des von der gefährdeten Partei mittels Sicherungsantrags konkret begehrten Verbots nicht in Betracht.

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