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Genehmigungserfordernis für gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln EU-rechtswidrig

07.02.2003

Der EuGH führt in seinem Urteil vom 23.1.2003 (C-221/00) zunächst aus, dass nach der Richtlinie 79/112 die Etikettierung von Lebensmitteln und die Art und Weise, in der sie erfolgt, nicht geeignet sein dürfen, den Käufer irrezuführen. Zum anderen darf nach dieser Richtlinie die Etikettierung einem Lebensmittel nicht Eigenschaften der Vorbeugung, Behandlung oder Heilung einer Krankheit zuschreiben.

Die Richtlinie verbietet also alle Angaben, die sich auf eine menschliche Krankheit beziehen, unabhängig von ihrer Eignung, den Verbraucher irrezuführen, sowie diejenigen Angaben, die, obzwar sie sich nicht auf eine Krankheit, sondern etwa auf die Gesundheit beziehen, irreführend sind.

Nach § 9 Abs 1 österreichisches LMG sind beim Inverkehrbringen von Lebensmitteln nicht nur krankheitsbezogene, sondern auch gesundheitsbezogene Angaben verboten. Die österreichischen Gerichte legen diese Vorschrift dahin aus, dass das fragliche Verbot auch dann Anwendung finde, wenn die gesundheitsbezogenen Angaben wahr seien. Nach § 9 Absatz 3 LMG unterliegen sämtliche gesundheitsbezogenen Angaben einem vorherigen Genehmigungsverfahren, durch das wahre Angaben von solchen, durch die der Verbraucher getäuscht werden kann, unterschieden werden sollen.

Diese getroffene Regelung, mit der gesundheitsbezogene Angaben einem allgemeinen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt unterworfen werden, ist beschränkender als diejenige des Art 2 Abs 1 der Richtlinie. Grundsätzlich sehen die Art 2 und 15 der Richtlinie ein Verbot von Angaben vor, die geeignet sind, den Käufer irrezuführen. Es handelt sich hier um eine spezifische Regelung zur Bekämpfung von Täuschungen, die als Sonderregelung gegenüber der in der Richtlinie 84/450 vorgesehenen allgemeinen Regelung über den Schutz gegen irreführende Werbung auszulegen ist

Laut EuGH lässt sich mit dem Schutz der Gesundheit, falls in einer bestimmten Situation überhaupt von Gesundheitsrisiken ausgegangen werden kann, nicht eine den freien Warenverkehr so beschränkende Regelung rechtfertigen, wie sie sich aus einem vorherigen Genehmigungsverfahren für sämtliche gesundheitsbezogenen Angaben auf Lebensmitteln ergibt, und zwar auch solchen, die in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig hergestellt wurden und sich dort im freien Verkehr befinden.

Solche Restrisiken für die Gesundheit lassen sich nämlich durch weniger beschränkende Maßnahmen vermeiden, so insbesondere die Verpflichtung des Herstellers oder des Vertreibers des betreffenden Erzeugnisses, in Zweifelsfällen die Richtigkeit der auf der Etikettierung enthaltenen Tatsachenbehauptungen nachzuweisen.

Die durch § 9 LMG aufgestellte Regelung, die auf ein Verbot irreführender gesundheitsbezogener Angaben abzielt, führt nämlich in Wirklichkeit dazu, dass Lebensmittel mit gesundheitsbezogenen Angaben in Österreich selbst dann nicht frei vermarktet werden können, wenn sie nicht geeignet sind, den Verbraucher irrezuführen. Dieses allgemeine Verbot kann daher nicht als gegenüber dem angestrebten Zweck verhältnismäßig angesehen werden.

§ 9 Abs 1 und 3 LMG stellt somit eine Regelung auf, die über das hinausgeht, was zur Erreichung des Zieles dieser nationalen Regelung erforderlich ist, so dass diese Vorschrift nicht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht und daher gegen Gemeinschaftsrecht verstößt.

Urteil im Volltext findet sich auf der Website des EuGH
http://www.curia.eu.int/de/recherche/index.htm

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