Aktuelle Judikatur

Werbung mit karitativem Zweck ist zulässig

(OGH 17.10.2006, 4 Ob 164/06f)

Eine Verlegerin von Zeitschriften warb in mehrfacher Weise samt einer Abbildung von weit geöffneten Kinderaugen über der Aufforderung "Hilf uns helfen" damit, dass 20 Cent jeder am Sonntag verkauften Zeitschrift einem karikativen Zweck in Tirol zugute kommt.

Eine Mitbewerberin als Verlegerin sah darin insbesondere aufgrund der bisherigen Rechtsprechung unzulässige gefühlsbetonte Werbung und brachte Klage ein, weil das Mitgefühl der angesprochenen Verkehrskreise zur Verfolgung eigener wirtschaftlicher Interessen ausgenutzt würde, ohnen einen Zusammenhang zwischen dieser Werbeaussage und dem beworbenen Objekt herzustellen. Damit wäre der Kaufentschluss durch unsachliche Motive und nicht durch Qualität oder Preisgestaltung beeinflusst.

Laut OGH beschränkt sich aber Werbung häufig nicht auf sachlich-informative Aussagen, sondern versucht den Kunden auch auf der Gefühlsebene anzusprechen. Suggestive, an das Gefühl des Kunden appellierende Werbung ist daher nicht grundsätzlich wettbewerbswidrig, sondern nur dann, wenn sie den Kunden irreführt oder grob unsachlich beeinflusst.

Auch ist eine solche Werbung nicht schon dann unlauter, wenn wenn kein sachlicher Zusammenhang zwischen dem in der Werbung angesprochenen sozialen Engagement und der beworbenen Ware besteht. Erst wenn der Einfluss der Gefühle auf die Kaufentscheidung so stark ist, dass eine rational-kritische Entscheidung unter Berücksichtigung sachlicher Erwägungen wie etwas Preiswürdigkeit und Qualität des Angebots nicht mehr gewährleistet ist, ist dies als sittenwidrig zu werten.

Hier wird die Hilfsbereitschaft der Konsumenten angesprochen. Die dabei abgebildeten Kinderaugen unterstreichen die Aussage, ihre emotionale Wirkung auf den Verbraucher ist aber insgesamt keineswegs so stark, dass ein verständiger Verbraucher gleichsam in eine moralische Zwangslage versetzt würde und eine rational-kritische Entscheidung unter Berücksichtigung seiner sonstigen Interessen und Bedürfnisse nicht mehr treffen könnte.

Es bleibt ihm überlassen, ob er sich in seiner Kaufentscheidung davon beeinflussen lässt, dass hier die Zeitschriftenverlegerin einen Teil des Kaufpreises an ein Sozialprojekt abführt. Diese Werbung verstößt somit nicht gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG.

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