Aktuelle Judikatur

Verstoß eines Vereins gegen Grundsätze des fair trials

OGH 2.10.2007, 4 Ob 150/07y

Der beklagte Verein hat nach seinen Statuten die Aufgabe, die Annahme und Vermittlung von Taxifahrten zu erleichtern. Die Klägerin ist selbstständige Taxiunternehmerin und Mitglied dieses Vereins.

Die Klägerin hatte in den vergangenen Jahren fallweise Probleme mit Rezeptionisten mehrerer Hotels, ohne dass bescheinigt ist, inwiefern sie ein Verschulden an diesen Vorfällen getroffen hätte. Gegen sie ergingen etwas vier Mal Disziplinarentscheidungen nach der BFDO, wobei ihre ID-Card für befristet ungültig erklärt wurde.

Mit Schreiben an den Verein beschwerte sich nun der Geschäftsführer eines Hotels, dass die Lenkerin des Taxis mit dem Kennzeichen der Klägerin sowohl ihm als auch einem Hotelgast gegenüber ein primitives, ordinäres und freches Verhalten an den Tag gelegt hätte.

Nach Erhalt dieser schriftliche Beschwerde führte der Verein ein "Blitzverfahren" durch, ohne der Klägerin Möglichkeit zu einer Stellungnahme zu geben. Mit eingeschriebenem Brief teilte er ihr mit, das die ID-Card auf Dauer mit sofortiger Wirkung widerrufen werde und sie nicht mehr die Funkeinrichtungen benützen dürfe. Das anwaltliche Schreiben an das Schiedsgericht des Vereins wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass es sich um keine Streitigkeit aus dem Vereinsverhältnis handle, wobei auch diese Entscheidung ohne Anhörung der Klägerin erging. Der Klägerin erwuchsen infolge ihres Ausschlusses vom Funkverkehr Umsatzeinbußen und sonstige wirtschaftliche Nachteile.

Alle drei Instanzen gaben dem Sicherungsantrag mit der Einschränkung statt, dass sie das an den Verein gerichtete Gebot, künftig den Anspruch der Klägerin auf Teilnahme am Funkverkehr beeinträchtigende Handlungen zu unterlassen, wenn kein ordentliches Verfahrenn nach der BFDO oder im Rahmen eines Vereinausschlussverfahrens stattgefunden habe.

Der OGH führt dazu noch aus, dass Entscheidungen eines Vereins, die in die Rechtsstellung der Mitglieder eingreifen, der Überprüfung durch die ordentliche Gerichte darauf unterliegen, ob sie in formeller und materieller Hinsicht den Statuten und den allgemeinen Vorschriften zwingenden Rechts entsprechen.

Weiters ist wie beim Verstoß gegen Grundsätze des fair trial (Art 6 EMRK) ungeachtet eines vereinsinternes Instanzenzuges eine gerichtliche Überprüfung auch von satzungsgemäß zustande gekommenen Vereinsbeschlüssen jedenfalls insoweit zulässig, als grundlegende Verfahrensregeln missachtet werden oder der Beschlussinhalt gesetz- oder sittenwidrig ist.

Im vorliegenden Fall ist die Verhängung der erwähnten Maßnahme des Vereins gegen die Klägerin allein auf Grund einer schriftlichen Beschwerde eines Dritten, in der ein Fehlverhalten behauptet wurde, und ohne der beschuldigten Klägerin die Möglichkeit zu einer Stellungnahme gegegeben zu haben, ein Verstoß gegen grundlegende Maßnahmen eines fairen Verfahrens. Ein rechtliches Gehör wurde der Klägerin nicht einmal nach Bekanntgabe der Sperre eingeräumt.

Im Anlassfall verhindert damit der schwere Verstoß des Vereins gegen grundlegende Regeln eines fairen Verfahrens bereits die anfängliche Gültigkeit des bekämpften Vereinsbeschlusses und ist daher weder nach dem Grundsatz der Vereinsautonomie noch als angemessenes und verhältnismäßiges Mittel einer notwendigen Schadensabwehr erlaubt.





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