Aktuelle Judikatur

Grenzen der Werbung gegenüber Kindern

OGH 8.7.2008, 4 Ob 57/08y - Pony-Club

Die Beklagte verlegt und vertreibt Bücher und Zeitschriften und bietet unter anderem für Kinder die Mitgliedschaft in einem "PonyClub" an. Die Mitglieder erhalten monatlich Abenteuer- und Spezialpakete mit Büchern, Extras und Überraschungen zugeschickt, wofür ein Entgelt von € 17,95 bzw. 23,95 zu zahlen ist. Der Inhalt der Pakete wird jeweils vorweg in einem Magazin vorgestellt und die Mitglieder können auf die angekündigte Zusendung verzichten und auch jederzeit kündigen.

In einem Werbeprospekt für diesen PonyClub wurde ein Paket zum Kennenlernen für nur € 4,95 hervorgehoben angekündigt. In den Informationen auf der Rückseite fanden sich dann die Normalpreise für diese Pakete. Der Rückumschlag war auch als "Gewinn-Ticket" gestaltet. Im Kleingedruckten befand sich der Hinweis, dass die Teilnahme unabhängig von einer Bestellung war.

Der OGH hält zunächst fest, dass sich diese Werbung nach Inhalt und Erscheinungsbild eindeutig an Kinder richtet. Die Bestellung selbst muss allerdings von den Eltern vorgenommen worden. Ob eine nach Z 28 des Anhangs zum UWG verbotene direkte Aufforderung an Kinder in der Werbung zum Kauf oder Überredung von Erwachsenen vorliegt, war laut OGH hier nicht zu entscheiden, weil sich das Klagebegehren auf (weitere) unlautere Mittel gegenüber den Kindern gestützt hat. Ob auch mittelbare Werbebotschaften (z.B.: "Du bekommst das Buch nur, wenn deine Eltern den Bestellschein unterschreiben") oder nur unmittelbare Aufforderungen (z.B.: "Kauf dir das Buch" bzw. "Sag deinen Eltern, sie sollen das Buch kaufen") davon erfasst sind, wird laut OGH möglicherweise eine Klarstellung durch den EuGH erfordern.

Jedenfalls ist als Gegenschluss zu Z 28 des Anhangs zum UWG an Kinder gerichtete Werbung nicht absolut unzulässig. Allerdings liegt eine aggressive Geschäftspraktik nach § 1a UWG vor, wenn Kinder durch Mittel, die in Bezug auf ihr Fassungsvermögen unlauter sind, dazu veranlasst werden, auf ihre Eltern Druck in Bezug auf eine bestimmte Kaufentscheidung auszuüben.

Dies gilt dann, wenn die Wünsche der Kinder durch eine irreführende Geschäftspraktik oder eine andere unlautere Handlung hervorgerufen werden. Auch durchschnittlich informierte und verständige Eltern können unter solchen Umständen geneigt sein, den Wünschen des Kindes nachzugeben und damit eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die sie sonst nicht getroffen hätten.

Im konkreten Fall wird laut OGH ein durchschnittliches Volksschulkind dieser Werbung nur die blickfangartig herausgestellten Vorteile der PonyClub-Mitgliedschaft entnehmen, nicht aber die damit verbundenen Belastungen. So wird nur der im Werbefolder vergleichsweise geringe Preis der ersten Kiste wahr-genommen, nicht aber die Normalpreise auf der Rückseite in den "Garantie-Informationen". Auch auf die Kaufunabhängigkeit des Gewinnspiels wurde nur versteckt unter der Verschlusslasche des Antwortkuverts hingewiesen.

Wenn daher Kinder durch eine irreführende Geschäftspraktik oder sonst auf unlautere Weise dazu veranlasst worden sind, ihre Eltern zu geschäftlichen Entscheidungen zu motivieren, die diese sonst nicht getroffen hätten, liegt darin laut OGH im Regelfall eine die Eltern belästigende aggressive Geschäftspraktik gemäß § 1a UWG.

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