Aktuelle Judikatur

Irreführung über Herstellung durch Dritte

OGH 8.4.2008, 4 Ob 42/08t- W.-Klaviere

Das beklagte Unternehmen bewarb neben Fremdmarken auch Klaviere der Eigenmarke W. Zumindest zwei dieser Modelle werden in Auftragsproduktion von einem chinesischen Unternehmen gefertigt. Eines davon hatte ein Geschäftsführer der Beklagten entwickelt, beim anderen hatte er einen Entwurf des chinesischen Partners zur Serienreife gebracht. Den Produktionsverlauf überwacht der Geschäftsführer durch gelegentliche Besuche im chinesischen Werk. Die Beklagte bezeichnete diese Klaviere in Garantiescheinen als von ihr „hergestellt“. Bei einem Testkauf wurde mitgeteilt, dass es sich bei den Klavieren um eine „Eigenmarke“ handle, wobei auf die Auftragsfertigung in China nicht hingewiesen wurde.

Der OGH stellte dazu fest, dass ein durchschnittlicher Verbraucher diese Angaben im Sinne einer weitgehenden Eigenherstellung durch die Beklagte verstehen wird. Ein Kaufinteressent wird es für möglich und auch wahrscheinlich halten, dass der Hersteller einzelne Bestandteile zukauft. Der Zusammenbau dieser Teile bildet aber geradezu den Kern des Begriffes „Herstellung“. Die Behauptung der Eigenherstellung wird gerade auch unter der Prämisse der Arbeitsteilung in der internationalen Wirtschaft als Ankündigung besonderer Qualität verstanden.

Aus diesem Grund wird er das auch auf alle oder zumindest den Großteil jener Produktionsschritte beziehen, die für die Qualität des Produkts im konkreten Fall maßgebend sind. Bei der Herstellung eines Klaviers ist das neben der Planung und Materialauswahl zweifellos auch der für den Klang entscheidende Zusammenbau der einzelnen Teile, welcher hier aber durch ein anderes Unternehmen erfolgt ist. Damit ist die Behauptung einer Eigenherstellung somit eine irreführende Geschäftspraktik nach § 2 UWG.

Hingegen wird man laut OGH aus der Behauptung eines Unternehmens, ein bestimmtes Produkt hergestellt zu haben, nicht ableiten, dass diese Herstellung ausschließlich im Inland erfolgt wäre. Dass ein Unternehmen über eigene Produktionsstätten im Ausland verfügt, und zwar auch in so genannten Billiglohnländern, ist eine im heutigen Wirtschaftsleben durchaus bekannte Erscheinung. Der Durchschnittsverbraucher wird daher im Regelfall nicht annehmen, dass ein österreichisches Unternehmen nur über inländische Produktionsstätten verfügt.

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