Aktuelle Judikatur

Irreführung über Testempfehlung

OGH 18.11.2008, 4 Ob 156/08g

Ein österreichweit tätiges Handelsunternehmen mit Angeboten auch aus dem Optikbereich bewarb in seinen regelmäßigen Prospekten und auf der Website 1-Tages-Kontaktlinsen von Swiss Optic als „Neu“ zu einem reduzierten Preis. Dabei wurde in dieser Ankündigung mit „Empfohlen von Stiftung Warentest“ und dem Logo dieses deutschen Instituts der Eindruck erweckt, dass hier eine Empfehlung für diese Kontaktlinsen vorlag.

In Wahrheit ergab eine Anfrage bei Stiftung Warentest, dass diese Tageskontaktlinse gar nicht Gegenstand eines Tests war. Die beworbene und verkaufte Tageskontaktlinse war vielmehr laut Angabe des Herstellers ident mit der „Biomedics 1Day", welche von der Stiftung Warentest 2004 gemeinsam mit sechs weiteren Tageskontaktlinsen getestet wurde.

Der OGH hat die beanstandete Werbung mit dem Pauschalhinweis auf die Untersuchung der deutschen Stiftung Warentest mit einem unspezifizierten Gesamtergebnis („empfohlen") als irreführend angesehen, ohne auf die in ihren Eigenschaften durchaus unterschiedlichen Produkte hinzuweisen, die Gegenstand der Untersuchung der Stiftung Warentest waren, und ohne die differenzierten Beurteilungen der Stiftung Warentest wiederzugeben. Die von der Beklagten beworbenen Tageskontaktlinsen wurden nur im Bereich Einhalten der Anbieterangaben mit Gut und in der Handhabung mit Ausreichend, im Bereich der Anwendungshinweise aber mit Mangelhaft beurteilt.

Erläutert wird darüber hinaus in der Zusammenfassung dieses Tests, dass der vermittelte gute Tragekomfort voraussetzt, dass die bloß in einer Größe verfügbare Linse genau passt. Von einer uneingeschränkten Empfehlung des getesteten Produkts, welche aber der beanstandete Werbehinweis suggeriert, kann daher laut OGH keine Rede sein.

Die weiteren Begehren des Schutzverbandes wurden abgewiesen, weil es laut OGH möglich ist, mit einer nicht veröffentlichten Untersuchung zu werben. Eines Hinweises in der Werbung auf die Beschaffungsmöglichkeit von Untersuchungsergebnissen bedarf es im Hinblick auf die fehlende Nachweispflicht gegenüber dem Publikum ebenfalls nicht. Der OGH hat sich der vom Rekursgericht seiner Entscheidung zu Grunde gelegten deutschen Rechtsprechung nicht angeschlossen, welche ohne eines solchen Hinweises eine Irreführung gesehen hat.

Im Hinblick auf die in jüngerer Zeit immer weiter verbreiteten und leichter zu benützenden Kommunikationsmittel wie dem Internet treten laut OGH die von der deutschen Rechtsprechung für die Pflicht zur Fundstellenangabe ins Treffen geführten Schwierigkeiten für den Verbraucher, zu Werbezwecken herangezogene Testergebnisse nachzuprüfen, immer mehr in den Hintergrund. Wirbt daher ein Unternehmer mit für das beworbene Produkt günstigen Testergebnissen, so ist er laut OGH nicht verpflichtet, Angaben zu einer allenfalls erfolgten Veröffentlichung der Testergebnisse zu machen.

Weiters ist es laut OGH keine irreführende Geschäftspraktik, wenn auf die von der Stiftung Warentest durchgeführte Untersuchung hingewiesen wird, ohne klarzustellen, welches Produkt seinerzeit tatsächlich untersucht worden war. So war laut Angabe des Herstellers das beworbene Produkt mit jenem, das seinerzeit Gegenstand der Untersuchung durch die Stiftung Warentest war, abgesehen vom Handelsnamen ident. Die unterbliebene Aufklärung des Publikums über die spätere Namensänderung beim beworbenen Produkt begründet keine Verletzung des Lauterkeitsrechts.

Schließlich ist kein Verstoß darin gesehen worden, dass dieses Unternehmen für seine Filialen nicht über das Gewerbe der Kontaktlinsenoptiker, sondern nur über die Berechtigung des Medizinproduktehandels verfügt. Laut OGH ist das eine mit guten Gründen vertretbare Auslegung der Gewerbeordnung.

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