Aktuelle Judikatur

Landestankstellen mit Treibstoff zum Selbstkostenpreis unzulässig

OGH 23.3.2011, 4 Ob 227/10a

Der Schutzverband brachte gegen das Land Burgenland eine Klage nach dem UWG ein und beanstandete das Verrechnen betriebswirtschaftlich nicht gerechtfertigter Preis und das Fehlen von gewerberechtlichen Betriebsanlagengenehmigungen. Das beklagte Land vertrat die Ansicht, den Treibstoff zum Selbstkostenpreis verkaufen zu dürfen. Dieser Preis ergebe sich aus dem Einkaufspreis und einem Manipulationsaufschlag, der die anteiligen Kosten für das Personal und die Adaptierung der Tankstellen abdecke. Das Land stellte sich außerdem auf den Standpunkt, dass die Gewerbeordnung nicht anwendbar sei, weil es den Treibstoff ohne Gewinnerzielungsabsicht abgebe.

Der OGH hat zuvor schon in zwei Entscheidungen über Klagen des Schutzverbandes zur Abgabe von Treibstoff an Betriebstankstellen der öffentlichen Hand Stellung genommen. In 4 Ob 283/04b (= ÖBl 2005, 260 [Gamerith] - Billigdiesel-Tankstellen I) hatte das dort beklagte Land Kärnten Diesel zum Einstandspreis verkauft. Der Senat untersagte dies, weil schon die Nutzung der für öffentliche Zwecke gewidmeten Infrastruktur ohne jeden der öffentlichen Hand wieder zufließenden wirtschaftlichen Vorteil und ausschließlich für Zwecke der Preisunterbietung eine unlautere Wettbewerbsverzerrung gegenüber Anbietern sei, denen diese Möglichkeit nicht zur Verfügung stehe.

In 4 Ob 261/05v betreffend einer Tankstelle der Stadt Villach (= wbl 2006, 388 - Billigdiesel-Tankstellen II) hielt er an dieser Rechtsprechung fest, verneinte jedoch einen Lauterkeitsverstoß, wenn die von der öffentlichen Hand verrechneten Abgabepreise die Kosten des Wareneinsatzes und des durch den Betrieb verursachten Aufwands deckten sowie darüber hinaus ein positives betriebswirtschaftliches Ergebnis gewährleisteten. Dass der Gewinn allenfalls geringer sei als jener eines privaten Anbieters, bedeute noch keinen Machtmissbrauch der öffentlichen Hand. Entscheidendes Abgrenzungskriterium ist daher das Vorliegen einer Quersubventionierung der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand durch Mittel, die an sich öffentlichen Zwecken gewidmet sind.

Das aktuell beklagte Land Burgenland gesteht ausdrücklich zu, mit dem Treibstoffverkauf keinen Gewinn anzustreben. Damit begründet es auch seine Auffassung, für die Tankstellen keine Betriebsanlagengenehmigung zu benötigen. Anders als im damaligen Fall Land Kärnten verkauft das Land Burgenland den Treibstoff zwar nicht zum Einkaufspreis, sondern mit einem „Manipulationsaufschlag“. Dieser Aufschlag deckt aber nach seinem eigenen Vorbringen nur die Mehrkosten wie Personal, oder bauliche Adaptierung ab, die mit der Abgabe von Treibstoff an Privatpersonen verbunden sind. Diese Vorgangsweise ist nur möglich, weil das Land auf das Netz der Landestankstellen zurückgreifen kann. Beim angeblich „kostendeckenden“ Verkauf sind daher die Kosten für die Infrastruktur nicht berücksichtigt.

Ohne Nutzung der für öffentliche Zwecke und mit öffentlichen Mitteln errichteten Infrastruktur wäre der Treibstoffverkauf zum vom Land verrechneten Preis ein ständiges Verlustgeschäft. Ein solcher Preis ist betriebswirtschaftlich nicht gerechtfertigt. Er lässt sich nur durch die Inanspruchnahme öffentlicher Mittel, also einer Quersubventionierung erklären. Die bloß theoretische Frage, ob bei einem auch die anteiligen Gemeinkosten berücksichtigenden Aufschlag anderes gelten würde (das heißt bei Deckung der Selbstkosten auf Grundlage einer Voll- und nicht einer Grenzkostenrechnung), ist bei dem vorliegenden Sachverhalt nicht zu beantworten.

Das Land Burgenland hat aufgrund dieser letztinstanzlichen Bestätigung der einstweiligen Verfügung die sofortige Schließung der Landestankstellen verfügt, solange nicht den Vorgaben des OGH entsprochen wird.

Zurück zur Liste

Impressum | Suche | Newsletter | © Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb (2024)