Aktuelle Judikatur

Werbeaufkleber unzulässig

OGH 9.8.2011, 4 Ob 74/11b

Ein Schlüsseldienst brachte für seine 24 Stunden-Aufsperrdienste regelmäßig Werbeaufkleber am schwarzen Brett oder an sonstigen Informationsflächen von Wohnhäusern an. Dies erfolgte ohne Zustimmung oder sogar entgegen ausdrücklicher Untersagung der über diese Flächen Verfügungsberechtigten. Nach aufwändiger, oft nicht rückstandsfreier oder sachbeschädigender Entfernung solcher Werbeaufkleber wurden sie regelmäßig neuerlich angebracht.

Der OGH sah darin einen Verstoß gegen die Z 26 des Anhangs zum UWG. Die Anwerbung von Kunden durch hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon, Fax, E-Mail oder sonstige für den Fernabsatz geeignete Medien, außer in Fällen und in den Grenzen, in denen ein solches Verhalten gesetzlich gerechtfertigt ist, um eine vertragliche Verpflichtung durchzusetzen, gilt gemäß § 1a Abs 3 UWG in Verbindung mit Z 26 Anhang zum UWG jedenfalls als aggressive Geschäftspraktik und ist daher als unlautere Geschäftspraktik unter allen Umständen verboten.

Neben den in der Z 26 ausdrücklich genannten zum Fernabsatz geeigneten Medien (Telefon, Fax und E-Mail) sind auch Briefe, Prospekte, Kataloge und ähnliche Kommunikationsmittel, die zum Abschluss eines Vertrags zwischen einem Verbraucher und einem Lieferer ohne gleichzeitige körperliche Anwesenheit der Vertragsparteien eingesetzt werden können, grundsätzlich für den Fernabsatz geeignete Medien im Sinne der genannten Bestimmung. Die hier beanstandeten Aufkleber der Beklagten mit deren Telefonnummer werden von ihr zur Vertragsanbahnung mit Verbrauchern eingesetzt. Sie sind mit „Drucksachen ohne Anschrift“ unmittelbar vergleichbar, welche sich in gleicher Weise an einen unbestimmten, aber abgegrenzten Personenkreis (hier Hausbewohner) wenden.

Z 26 des Anhangs zum UWG verlangt überdies ein hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen des Kunden. Hartnäckigkeit nach der hier auszulegenden Bestimmung verlangt eine zumindest wiederholte Anwerbung. Zudem hat der Ansprechende diese Handlungen bewusst zu setzen, weil dem Begriff der „Hartnäckigkeit“ ein subjektives Element immanent ist. Das Vorliegen der Hartnäckigkeit hat daher aus der Sicht des Ansprechenden beurteilt zu werden, und zwar dahingehend, ob die Unerwünschtheit der Handlungen beim Kunden dem Ansprechenden bekannt war oder bekannt sein musste und dieser die Handlungen dennoch fortsetzte.

Das hartnäckige Verhalten muss gegenüber dem Adressaten gesetzt worden sein, der als Kunde Schutzobjekt der auszulegenden Bestimmung ist. Entgegen der vom Rekursgericht vertretenen Ansicht setzen die Beklagten ihr beanstandetes Verhalten aber nicht nur gegenüber den Eigentümern oder Verfügungsberechtigten der verwendeten Werbeflächen, die nicht notwendigerweise mit den angesprochenen Hausbewohnern ident sein müssen, sondern ganz allgemein gegenüber sämtlichen Hausbewohnern, aufgrund welchen konkreten Rechtsverhältnisses auch immer diese in jenen Häusern wohnen, in denen die Beklagten die beanstandeten Werbekleber anbringen. Die Beklagten legen die vom Gesetz geforderte Hartnäckigkeit daher auch gegenüber den angesprochenen Kunden (Hausbewohnern) an den Tag, denen gegenüber die Werbung auch als unerwünscht zu beurteilen ist, steht doch fest, dass ganz allgemein Hausbewohner Beschwerden über die beanstandete Werbung sowohl an den Kläger als auch an die Landesinnung der Metalltechniker richteten. Für das Vorliegen der geforderten Hartnäckigkeit spricht auch die Feststellung, dass die Beklagten die Aufkleber teils entgegen ausdrücklichen Verbots anbrachten und entfernte Aufkleber wieder durch neue ersetzten.

Der Tatbestand der Z 26 des Anhangs zum UWG wird daher auch durch das Anbringen von Werbeaufklebern mit der Mobiltelefonnummer des Werbenden in Hausfluren oder sonstigen Hauszugangsbereichen zwecks Anbahnung von Werk- oder Dienstverträgen mit Hausbewohnern (etwa Aufsperrdienst) erfüllt, wenn dies wiederholt entgegen dem Verbot des Hauseigentümers, des Verfügungsbefugten oder der Hausbewohner erfolgt. Dies ist nach dem bescheinigten Sachverhalt vorliegend erfüllt, weshalb die beantragte einstweilige Verfügung zu erlassen war, ohne dass es einer weiteren Prüfung bedarf, ob die beanstandete Geschäftspraktik überdies gegen die Bestimmung des § 1a Abs 1 UWG (aggressive Geschäftspraktik) oder darüber hinaus gegen § 1 Abs 1 Z 1 UWG (unlautere Geschäftspraktik im Allgemeinen) verstößt.

Schließlich ist eine rechtserhebliche Duldung im Sinn stillschweigender Zustimmung der verletzten Eigentümer oder Besitzer zu verneinen, auch wenn Besitzstörungs- oder Unterlassungsklagen der beeinträchtigten Dritten unterblieben sind. Dass sich wettbewerbswidriges Verhalten nicht damit rechtfertigen lässt, Mitbewerber handelten ebenso, entspricht der Rechtsprechung. Dem Unterlassungsbegehren war daher schon auf Grundlage der Z 26 stattzugeben.


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