Aktuelle Judikatur

Irreführung durch Verlängerung bei befristeten Rabattaktionen möglich

BGH, Urteil vom 7.7.2011 – I ZR 173/09

Die Streitparteien betreiben Möbelhäuser in Deutschland. Im Jahr 2008 bewarb die Klägerin anlässlich ihres 180jährigen Unternehmensbestands eine Rabattaktion mittels Postwurfsendungen. Diese Werbung kündigte für die Möbelhäuser „Dauertiefpreise“ und „zusätzlich 10 % Geburtstags-Rabatt auf alles, ohne Ausnahmen!“ an. Ursprünglich sollte diese Aktion für eine Woche gelten, in der Werbung hieß es „Ab sofort bis Sa, 4.10.08 gültig!“ Am 2. Oktober 2008 wurde angekündigt, die laufende Rabattaktion fortzuführen („Verlängert bis Sa, 11.10.08“), schließlich am 8. Oktober 2008 nochmals mit der Anmerkung „Wegen des riesigen Erfolgs: LETZTMALIG VERLÄNGERT. Nur noch bis zum 18.10.08!“. So wurde aus einer Rabattaktionswoche zum Firmenjubiläum eine Aktion über drei Wochen.

Die Beklagte beanstandete die Rabattaktion und die mehrmalige Verlängerung der zeitlich befristeten Werbungen wegen Irreführung als wettbewerbswidrig, woraufhin das werbende Möbelhaus eine Feststellungsklage erhob, dass kein solcher Unterlassungsanspruch bestehe. Das Berufungsgericht sah keine Irreführung in der verlängerten Rabattaktion, da die von Anfang an bestehende Absicht der Aktionsverlängerung nicht bewiesen werden konnte und selbst wenn dies möglich gewesen wäre, hätte diese Irreführung nach dem Berufungsgericht keine Relevanz gehabt.

Das BGH hob das Berufungsurteil jedoch auf und stellte fest, dass der Verbraucher durch die Werbung nach den §§ 3, 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 dUWG) in die Irre geführt wurde. Nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 UWG ist eine geschäftliche Handlung irreführend, wenn sie unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Anlass des Verkaufs wie das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils enthält. Nach dieser Bestimmung kann auch die irreführende Ankündigung einer Sonderverkaufsaktion wie hier einer Jubiläumsrabattaktion unzulässig sein; insbesondere dann, wenn ein zeitlich befristeter Sonderverkauf über die angegebene Zeit hinaus fortgeführt wird.

Zu diesem Fall einer befristeten und mehrfach verlängerten Jubiläumsrabattaktion urteilte der BGH, dass die Verbraucher getäuscht wurden, weil der für die Aktionsverlängerungen angegebene Grund – der wirtschaftliche Erfolg – nicht zu den Gründen gehört, die nach der maßgeblichen Verkehrsauffassung eine Verlängerung nahelegen. Bei einer Jubiläumsrabattaktion möchte ein Unternehmen seine Kunden an seinem Erfolg teilhaben lassen und neue Kunden auf das Angebot aufmerksam machen.

Dieses Ziel wurde nicht nur erreicht, sondern überschritten. Daher deutete die wiederholten Verlängerungen der Aktion darauf hin, dass sich das Unternehmen den besonderen Anlockeffekt einer kurzen Fristsetzung zunutze machen wollte. Weiters ergab sich aus dem Vorbringen der Klägerin, dass sie von vornherein die Absicht bestand, die befristete Rabattaktion zu verlängern. Auch über diese Absicht wurden die Verbraucher daher in relevanter Weise getäuscht.

In einer anderen Entscheidung zu einem Frühbucherrabatt eines Reiseveranstalters (Urteil vom 7.7.2011 – I ZR 181/10 – Frühlings-Special) hielt der BGH jedoch fest, dass bei Vorliegen vernünftiger Gründe, mit denen der Verkehr rechne – wie einer schleppenden Nachfrage – die Verlängerung einer Rabattaktion nicht irreführend sei, da keine Fehlvorstellung der Verbraucher vorliege. Hier warb ein Reiseveranstalter auf seiner Internetseite für eine Kinderreise mit der Angabe „Frühlings-Special! Wir schenken Dir 25 EUR bei Buchung bis 30.04.2009!“ Tatsächlich war ein befristeter Frühbucherrabatt in gleicher Höhe bei Buchung bis zum 31.03.2009 beworben und bis zum 17.04.2009 verlängert worden.


Zusammenfassend ist festzustellen, dass für Unternehmer bei verkaufsfördernden Maßnahmen wie Rabattaktionen grundsätzlich keine Verpflichtung zur Befristung besteht (siehe BGH, Urteil vom 11.09.2008, I ZR 120/06).

Wenn Unternehmer allerdings eine zeitliche Befristung ankündigen, ist daran festzuhalten. Wird eine Befristung verlängert, ist sie nur dann nicht irreführend, wenn vernünftige Gründe die nachträgliche Absicht der Verlängerung rechtfertigen und diese Gründe bei Anwendung der fachlichen Sorgfalt nicht vorhersehbar waren. Liegt jedoch schon bei der Ankündigung der befristeten Aktion der Vorsatz einer möglichen Verlängerung vor („Verlängerungsvorbehalt“), so ist dies jedenfalls irreführend und somit wettbewerbswidrig.

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