Aktuelle Judikatur

Verwendung eines Trikot der Fußballnationalmannschaft unzulässig

OGH 28.2.2012, 4 Ob 212/11x

Der beklagte Herausgeber einer Gratiszeitung bewarb ein Gewinnspiel, wo 300 Karten für das "Spiel des Jahres" im Fußball Österreich - Deutschland verlost wurden. Dabei wurde eine Dame als " Tor-Glücksfee" abgebildet, welche das Trikot der österreichischen Nationalmannschaft trug. Der österreichische Fußballbund beantragte, die Verwendung dieses Trikots zu Zwecken der Werbung zu untersagen.

Auf die Frage, ob eine Rufübertragung vorliegt, kommt es laut OGH hier gar nicht an. Denn die Beklagte hat jedenfalls in unlauterer Weise die Bekanntheit (die Unterscheidungskraft) des Trikots ausgenutzt. Insofern besteht kein Unterschied zum Ausnutzen der Unterscheidungskraft einer bekannten Marke.

Eine bekannte Marke ist vor der unlauteren Ausnutzung ihrer Wertschätzung und Unterscheidungskraft geschützt. Das trifft nach der Rechtsprechung des EuGH insbesondere dann zu, wenn ein Dritter versucht, „sich durch die Verwendung eines Zeichens, das einer bekannten Marke ähnlich ist, in den Bereich der Sogwirkung dieser Marke zu begeben, um von ihrer Anziehungskraft, ihrem Ruf und ihrem Ansehen zu profitieren, und ohne jede finanzielle Gegenleistung und ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen, die wirtschaftlichen Anstrengungen des Markeninhabers zur Schaffung und Aufrechterhaltung des Images dieser Marke auszunutzen“ (EuGH C-487/07 - L'Oréal).

Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des Senats auch für das Ausnutzen der (bloßen) Unterscheidungskraft einer bekannten Marke: Verwendet ein Dritter die bekannte Marke, um dadurch das Interesse des Publikums auf sein Produkt zu lenken, so profitiert er von der Bekanntheit dieser Marke, ohne dafür eigene Anstrengungen machen zu müssen; er hängt sich an die Bekanntheit der fremden Marke an, um den Absatz seiner eigenen Waren oder Dienstleistungen zu fördern (OGH 17 Ob 15/09v - Styriagra).

Die hohe Bekanntheit eines Zeichens ist meist mit einer positiven Grundeinstellung zu den damit bezeichneten Waren oder Dienstleistungen verbunden. Daher werden solche Zeichen bei den angesprochenen Kreisen in der Regel positive Emotionen hervorrufen. Dritte, die bekannte Zeichen in der Werbung für eigene Waren oder Dienstleistungen verwenden, nutzen in subtiler Weise diese positive Stimmung und fördern auch dadurch ihren eigenen Wettbewerb. Auch insofern partizipieren sie ohne eigene Leistung an den Kosten und Mühen, die der Inhaber des Zeichens aufwenden musste, um den hohen Bekanntheitsgrad und die damit meist verbundene Wertschätzung zu erreichen. Das Ausnutzen der Unterscheidungskraft (des Auffälligkeitswerts) wird daher in vielen Fällen - auch ohne Rufübertragung im engeren Sinne - mit einem Ausnutzen der dem Zeichen entgegengebrachten Wertschätzung (des „Rufes“) einhergehen. Es liegt daher nahe, dass der EuGH beides unter dem Begriff des „Trittbrettfahrens“ zusammenfasst (EuGH C-323/09, Interflora).

Diese Erwägungen gelten nicht nur bei eingetragenen Marken, sondern auch bei anderen Unternehmenskennzeichen, die hohe Bekanntheit erlangt haben und daher von Mitbewerbern (zumindest) zum Erwecken von Aufmerksamkeit für ihre eigenen Waren und Dienstleistungen herangezogen werden können. Denn die Gründe für den besonderen Schutz bekannter Marken sind, wie sich schon aus dem Wortlaut dieser Bestimmungen ergibt, lauterkeitsrechtlicher Natur. Es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn der diesbezügliche Schutz von der - lauterkeitsrechtlich an sich irrelevanten - Eintragung des Zeichens abhinge. Außerhalb des Anwendungsbereichs der markenrechtlichen Bestimmungen wird daher in den genannten Fällen in der Regel ein sonstiges unlauteres Verhalten im Sinne von § 1 Abs 1 Z 1 UWG vorliegen.

Zwar genügt nach ständiger Rechtsprechung das bloße Ausnutzen des Rufs für sich allein nicht, um die Unlauterkeit zu begründen; es muss etwas Anstößiges hinzutreten (zuletzt etwa OGH 4 Ob 110/10w - Musiktruch'n-Musigtruchn). Anhaltspunkte dafür bilden aber insbesondere die Verwendung identischer Zeichen und die - außer bei konkreter Widerlegung - meist naheliegende Zielrichtung, am fremden Ruf zu schmarotzen. Diese Grundsätze gelten auch beim hier im Vordergrund stehenden Ausnutzen der Unterscheidungskraft (des Auffälligkeitswerts).

Unlauterkeit ist daher auch hier im Allgemeinen anzunehmen, wenn ein Dritter in der Werbung für eigene Waren oder Dienstleistungen ein identisches Zeichen verwendet und die auf dieser Grundlage naheliegende Zielrichtung, (zumindest) an der Bekanntheit dieses Zeichens zu schmarotzen, nicht konkret widerlegt.

Im hier zu entscheidenden Fall hat das Trikot der Nationalmannschaft eine kennzeichnende Funktion, die nicht nur der Unterscheidung der Mannschaften im konkreten Spiel dient. Vielmehr wird die Nationalmannschaft durch das von ihr ständig getragene Trikot ganz allgemein als solche identifiziert. Es besteht kein Zweifel, dass der klagende Fußballverband diese Funktion gezielt aufgebaut hat und wirtschaftlich nutzt. Das Trikot ist daher ein auf den Kläger weisendes Unternehmenskennzeichen. Die Beklagte verwendet es als Blickfang, um das von ihr veranstaltete Gewinnspiel zu bewerben und so die Verbreitung ihrer Zeitung zu erhöhen. Damit partizipiert sie (zumindest) an der Unterscheidungskraft des Trikots und nutzt so fremden Aufwand für eigene Zwecke. Gründe, warum das im Einzelfall nicht unlauter wäre, sind nicht zu erkennen.

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