Aktuelle Judikatur

Keine Irreführung durch ähnlichen Domainnamen bei fehlender Verkehrsgeltung

Die Entscheidung des OGH vom 20.12.2011 (17 Ob 22/11 a – wetter.tv, ÖBl 2012/32, 119) betraf einen Fall des sogenannten Imitationsmarketings gemäß § 2 Abs 3 Z 1 UWG. Nach dieser Bestimmung, die seit der UWG-Novelle 2007 den allgemeinen Irreführungstatbestand ergänzt, ist jegliche Werbe- und Marketingmaßnahme unlauter, die eine Verwechslungsgefahr mit einem Produkt oder Unternehmenskennzeichen eines Mitbewerbers begründet (sofern sie geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte).

Die Inhaberin der Domain (und Betreiberin der Website) www.wetter.at brachte klageweise vor, die (beklagte) Inhaberin der Domain www.wetter.tv lehne sich an ihr Kennzeichen in irreführender Weise an, indem sie eine mit „Wetter at“ überschriebene Google AdWords-Anzeige geschaltet habe, von der man aus durch Anklicken auf die von ihr betriebene Website (www.wetter.tv) gelange.

Die Website www.wetter.at sei den Nutzern durchwegs bekannt und werde mit ihrem Unternehmen in Verbindung gebracht, sodass hier die Erwartung ge-täuscht werde, auf die Website der Klägerin zu gelangen. Die Beklagte wandte dagegen ein, die Domain sei wegen ihres rein beschreibenden Charakters mit dem Wort „Wetter“ nicht unterscheidungskräftig und daher weder wettbewerbs- noch kennzeichenrechtlich geschützt. Aus der Anzeige gehe deutlich hervor, dass sie auf die Website www.wetter.tv verweise, sodass auch deshalb keine Irreführung über die Zuordnung des Inserats vorliege.

Im Mittelpunkt der Erwägungen des OGH zu diesem Fall stand die Frage, ob mit der Werbeanzeige eine – wie vom Gesetz gefordert – Verwechslungsgefahr verbunden war. Dies wurde mit der Begründung verneint, eine solche könne nur entstehen, wenn der Mitbewerber für sein (nicht unterscheidungskräftiges) Unternehmenskennzeichen Verkehrsgeltung erlangt habe. Nur dann könne nämlich der Durchschnittsverbraucher das Zeichen als Hinweis auf ein anderes (bestimmtes) Unternehmen sehen (die Judikatur nimmt Verkehrsgeltung an, wenn das Zeichen von einem nicht unerheblichen Teil der angesprochenen Verkehrskreise als Hinweis auf ein bestimmtes Unternehmen bzw dessen Produkte oder Dienstleistungen gesehen wird, ohne dass dieses Unternehmen auch namentlich identifiziert werden muss).

Die Klägerin habe zwar, so der OGH, mit ihrer Website eine gewisse Bekanntheit erlangt, allein aus der hohen Zahl von Zugriffen auf die Website (100.000 bis 200.000 pro Tag) lasse sich aber nicht ableiten, dass www.wetter.at von den Nutzern überwiegend mit dem Unternehmen der Klägerin in Verbindung gebracht würde. Dafür spreche auch der Umstand, dass ein Link zur Website der Klägerin auch bei einer Eingabe der Worte „Wetter“ oder „Wetter Österreich“ am Beginn der Suchergebnisse aufscheine und daher nicht gesagt werden könne, welche Zugriffe auf eine gezielte Eingabe von www.wetter.at in den Browser zurückzuführen wären.

Mit dieser Entscheidung hat der OGH neuerlich bekräftigt, dass es bei der Frage der möglichen Verwechslung von nicht kennzeichenrechtlich geschützten Zeichen ohne originäre Unterscheidungskraft maßgeblich auf das Vorliegen von Verkehrsgeltung ankommt.


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