Aktuelle Judikatur

OGH: Verbindliche Schlichtungsklausel – Unzulässigkeit des Rechtswegs

In einem Streit zwischen Immobilienverwaltern über den Wechsel einer Hausverwaltung brachte eine der Parteien eine UWG-Klage samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein. Die Beklagte wandte ein, Klage und Sicherungsantrag seien nicht zulässig, weil kein vorheriger Schlichtungsversuch unternommen worden sei. Ein solcher sei aber in den vom Fachverband der Immobilien- und Vermögenstreuhänder der Wirtschaftskammer Österreich erlassenen Richtlinien für diese Berufsgruppen vor einer Klagseinbringung zwingend vorgesehen. Die klagende Partei entgegnete, diese Bestimmungen seien nicht obligatorisch sondern nur Disziplinarrecht, das die materielle Durchsetzung von wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsansprüchen nicht verhindern könne.

Sowohl das Erstgericht als auch das Rekursgericht wiesen den Sicherungsantrag wegen Fehlens eines Schlichtungsversuchs ab, weil der Kläger auch künftig nicht beabsichtige, einen solchen zu unternehmen. Der OGH bestätigte mit Beschluss vom 15.1.2013, 4 Ob 203/12z, diese Entscheidungen:

Die in diesen Richtlinien vorgesehene standesrechtliche Verpflichtung, sich bei Streitfällen mit Kollegen zunächst an den zuständigen Fachverband zu wenden, der unter Zuziehung aller Beteiligten einen außergerichtlichen Schlichtungsversuch zu unternehmen hat, ist obligatorisch und kann vom Gericht auch von Amts wegen aufgegriffen werden. Die gesetzliche Ermächtigung für die Fachverbände der Wirtschaftskammer Österreich, ihren Mitgliedern solche verbindlichen Schlichtungsklauseln vorzuschreiben, ergibt sich unmittelbar aus Art 120b Abs 1 B-VG. Danach haben Selbstverwaltungskörper das Recht, ihre Aufgaben in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen und im Rahmen der Gesetze Satzungen zu erlassen. Sie dürfen auf diese Weise Rechtsverhältnisse von Verbandsangehörigen nach eigenen rechtspolitischen Vorstellungen hoheitlich gestalten. Auch der Zweck dieser als Muss-Bestimmung formulierten Schlichtungs-Regelung gebiete es, darin einen zwingenden Streitschlichtungsmechanismus zu sehen, weil hier im Interesse der Wirtschaftskammer und im Interesse der Mitglieder vor einem gerichtlichen Verfahren ein gütliche Einigung versucht und damit vermieden werden soll, dass interne Auseinandersetzungen in der Öffentlichkeit bekannt werden.

Aufgrund des Umstandes, dass der Kläger vor Einbringung der Klage keinen vorherigen Schlichtungsversuch unternommen hat und er einen solchen auch künftig nicht beabsichtigt, liegt kein in überschaubarer Zeit klagbarer Anspruch vor, der durch eine einstweilige Verfügung gesichert werden könnte.

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