Aktuelle Judikatur

Anonymisiertes Auftreten bei konkreten Angeboten unzulässig

Im Rahmen einer Klage bezüglich einer Ausverkaufsankündigung machte der Schutzverband auch geltend, dass die „anonyme“ Werbung im Inserat des Beklagten gegen §§ 1, 2 UWG und die dem § 2 UWG zugrunde liegenden Informationspflichten für eine hier vorliegende „Aufforderung zum Kauf“ verstoße. Die Eigenschaften und die Identität des Unternehmers seien wesentliche Informationspunkte für eine informierte geschäftliche Entscheidung als einem Schutzziel des UWG und somit stets von Relevanz im Hinblick auf §§ 1, 2 UWG. Im Bereich der Aufforderung zum Kauf deckten sich die Namensführungs- und Offenlegungs-grundsätze des § 2 UWG mit jenen der §§ 63 ff GewO. Im mitbewerberschützenden Bereich des § 1 Abs 1 Z 1 UWG führe die Nichteinhaltung von Transparenz- und Offenlegungspflichten bereits ihrer Art nach zu einer objektiv spürbaren Beeinträchtigung des freien Leistungswettbewerbs jener Mitbewerber, welche Kosten und organisatorische Mühen zur Einhaltung und Sicherstellung ihrer unmittelbaren Identifizierbarkeit der geschäftlichen Kommunikation auf sich nähmen.

Der OGH führt dazu aus, dass gemäß § 2 Abs 4 UWG eine Geschäftspraktik auch dann als irreführend gilt, wenn sie unter Berücksichtigung der Beschränkungen des Kommunikationsmediums wesentliche Informationen nicht enthält, die der Marktteilnehmer benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen, und die somit geeignet ist, einen Marktteilnehmer zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

Gemäß § 2 Abs 6 Z 2 UWG gelten bei einer Aufforderung an Verbraucher zum Kauf folgende Informationen als wesentlich iSd Abs 4, sofern sich diese Informationen nicht unmittelbar aus den Umständen ergeben: Name und geographische Anschrift des Unternehmens und gegebenenfalls des Unternehmens, für das gehandelt wird. Weiters ist nach § 1 Abs 4 Z 5 UWG eine „Aufforderung zum Kauf“ jede kommerzielle Kommunikation, welche die Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt, die den Mitteln der verwendeten kommerziellen Kommunikation angemessen ist und den Verbraucher dadurch in die Lage versetzt, einen Kauf zu tätigen.

Der Europäische Gerichtshof legte in der Entscheidung Konsumentenombudsmann/Ving Sverige, Rs C 122/10, den Begriff „Aufforderung zum Kauf“ großzügig aus. Dem Ausgangssachverhalt lag eine Werbeanzeige eines Reisebüros für Reisen nach New York zugrunde, die einige Informationen insb Eckpreise („ab“-Preise) pro Person für Flug und Unterbringung, Fluglinie und Hotelinformationen enthielt und für Detailinformationen auf die eigene Website verwies. Nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs ist darin bereits eine Aufforderung zum Kauf zu erblicken. Eine solche liegt nach dem Europäische Gerichtshof bereits dann vor, wenn der Verbraucher hinreichend über das beworbene Produkt und dessen Preis informiert ist und eine geschäftliche Entscheidung treffen kann, ohne dass die kommerzielle Kommunikation auch eine tatsächliche Möglichkeit bieten muss, das Produkt zu kaufen, oder dass sie im Zusammenhang mit einer solchen Möglichkeit steht.

Es bedarf somit weder eines bindenden Angebots, noch einer invitatio ad offerendum, selbst die essentialia negotii müssen nicht in vollem Umfang feststehen. Ein Produkt ist bereits dann hinreichend bestimmt, wenn es lediglich benannt und/oder abgebildet ist. Insbesondere kann es ausreichen, wenn der Werbende auf seine Website verweist. Der Preis ist dabei nicht vollends zu konkretisieren, sodass auch die Angabe von Eckpreisen (zB „ab EUR“) grundsätzlich ausreichend ist.

Auf Basis dieser Auslegung erfüllt das beanstandete Zeitungsinserat, das unter anderem folgenden Text enthielt „... Pro Stück nur mehr 3.50 EURO Kinderkleidung Egal wie teuer die Ware vorher war Über 1.000 Stk Shirts/Hosen/Jacken/Blusen/Jeans ...“, jedenfalls das Kriterium einer „Aufforderung zum Kauf“ im Sinne der genannten Gesetzes- bzw Richtlinienbestimmung. Der Konsument erfährt im Inserat, dass Waren bestimmter Art (Kindershirts/Hosen/Jacken/Blusen/Jeans) um einen bestimmten Preis zu kaufen sind. Das Erfordernis einer näheren Präzisierung der Ware (z.B. nach Größe, Farbe, Material, etc) würde einer nicht restriktiven Auslegung des Begriffs der „Aufforderung zum Kauf“ widersprechen.

Nach § 2 Abs 6 UWG sind bei Aufforderungen zum Kauf gegenüber Verbrauchern bestimmte Umstände als jedenfalls wesentliche Informationen iSd § 2 Abs 4 UWG anzusehen. Wird eine Informationspflicht nach § 2 Abs 6 UWG verletzt, so ergibt die Zusammenschau von § 2 Abs 4 UWG und § 2 Abs 6 UWG, dass dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten worden ist. Die Wesentlichkeit ist nicht mehr gesondert zu prüfen. Die Formulierung „somit“ in § 2 Abs 4 UWG spricht dafür, dass allein aufgrund dieser angenommenen Wesentlichkeit der Pflichtangaben die Eignung, den Durchschnittsverbraucher zu einer wirtschaftlichen Entscheidung zu veranlassen, gegeben ist.

Dass der Beklagte auf den Rechnungen über seine Warenverkäufe jeweils die mit dem Firmennamen versehene Geschäfts-stampiglie anbringt, ändert nichts an der lauterkeitswidrigen Weglassung des Namens in seiner Werbeaussendung, zumal die Rechnungsausstellung in der Regel nicht vor den jeweiligen Kaufabschlüssen erfolgt. Das Fehlen der Firma (des Namens) des Beklagten im beanstandeten Zeitungsinserat bewirkt daher einen Verstoß gegen das Irreführungsverbot durch Nichtangabe des Namens oder einer identifizierbaren Unternehmenskennzeichnung bei Aufforderung zum Kauf iSd § 2 Abs 6 Z 2 UWG iVm § 2 Abs 4 UWG.

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