Aktuelle Judikatur

Hochwertiges Mobiltelefon als Zugabe möglich

Das beklagte Versicherungsunternehmen bewarb im Oktober 2011 in einer Tageszeitung eine „Zukunfts-Vorsorge“ in Form einer Lebensversicherung mit einer Mindestlaufzeit von 15 Jahren und einer monatlichen Mindestprämie von € 99.-. Bei Vertragsabschluss innerhalb des Aktionszeitraumes (bis Ende des Jahres) gab es als Geschenk dazu – nach Bezahlung von zwei Monatsraten – ein (vertragsfreies) iPhone 4S (damaliger Verkaufspreis ca € 600 - 700.-). Ergänzend dazu wurde – im Kleingedruckten – darauf hingewiesen, dass das Handy aliquot in Rechnung gestellt würde, sollte der Vertrag innerhalb von 60 Monaten prämienfrei gestellt oder gekündigt werden. Bis Ende des Jahres wurden dann rund 1200 Verträge abgeschlossen, denen jeweils ein Beratungsgespräch mit einem Vertreter der Versicherung voraus ging.
Der auf Unterlassung klagende Verein für Konsumenteninformation brachte vor, dass die Verknüpfung (bzw. Bewerbung) einer Lebensversicherung mit einem derart attraktiven Werbegeschenk dazu führe, dass die Kaufentscheidung nicht mehr auf objektiven Grundlagen getroffen würde, weshalb eine nach § 1a UWG (Aggressive Geschäftspraktiken) unzulässige Beeinflussung der Verbraucher gegeben sei (darüber hinaus wurde auf das – mittlerweile aufgehobene – Zugabenverbot des § 9a UWG hingewiesen). Wollte man – wie werbemäßig hervorgehoben – das „iPhone 4S“ bereits vor Weihnachten in Händen halten, so hätte man bereits bis 5.12. zwei Monatsprämien bezahlen müssen, was einen kurzfristigen Vertragsabschluss bis Ende Oktober vorausgesetzt hätte.
Die Klage wurde abgewiesen. Das in erster Instanz entscheidende LG Salzburg hielt in seiner rechtlichen Beurteilung (bestätigt vom OLG Linz) fest, dass die Beeinflussung einer geschäftlichen Entscheidung im Wesen von Werbung liege und die Grenzen des § 1a UWG noch nicht zu überschreiten vermag, so lange es dem sonst verständigen und kritischen Verbraucher noch möglich sei, rationale Erwägungen in Bezug auf das Hauptgeschäft zu treffen. Es sei kaum vorstellbar, dass ein kritischer und aufmerksamer Verbraucher sich zum Abschluss einer derart weitreichenden Investitionsentscheidung hinreißen lasse, nur um ein Telefon zu erhalten, welches er bei einer Reihe von Mobilfunkbetreibern (gebunden an einen Mobilfunkvertrag) ebenfalls erhalten könne. Das Versprechen des kostenlosen Erhalts eines – wenngleich teuren und begehrten – iPhones entfalte daher in Zusammenschau mit dem Gesamtablauf der Werbeaktion keine derart intensive Anlockwirkung, dass es für einen sonst aufmerksamen und kritischen Verbraucher zum alleinigen Grund für den Abschluss der Versicherung werden könne.
Der OGH bewertete den Sachverhalt in gleicher Weise und wies die von der Klägerin erhobene außerordentliche Revision zurück (Beschluss vom 18.6.2013, 4 Ob 100/13d – iPhone): Die Ankündigung einer Zugabe könne nach Aufhebung des Zugabenverbots nur mehr dann untersagt werden, wenn sie einen Tatbestand des Anhangs zum UWG erfüllt oder im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist. Zwar ist richtig, dass eine „geschäftliche Entscheidung“ des Verbrauchers (gemäß § 1a Abs 1 UWG) grundsätzlich schon darin liegt, sich mit dem Angebot eines Unternehmers näher zu befassen; ein solches Befassen durch eine für den Fall des Vertragsabschlusses versprochene Zugabe zu veranlassen, ist jedoch an sich weder aggressiv noch – als Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt (vgl § 1 Abs 1 Z 2 UWG) – sonst unlauter. Befasst sich ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher, der eine dem Anlass angemessene – hier wegen der langfristigen Bindung an ein Versicherungsprodukt also hohe – Aufmerksamkeit aufwendet, näher mit dem Angebot, wird auch eine hochwertige Zugabe nicht dazu führen, dass er sich allein deswegen, also unter Ausschluss rationaler Erwägungen, für dieses Produkt entscheidet.
Wie dieser Fall zeigt, dürfen auch hochwertige oder aus sonstigen Gründen besonders attraktive Zugaben angekündigt werden, sofern damit keine Irreführung verbunden ist (etwa durch unrichtige Angaben über den Wert der Zugabe) oder eine aggressive Geschäftspraktik nach § 1a UWG vorliegt. Der Wert der Zugabe bzw die Wertrelation zwischen Zugabe und Hauptware wird diesbezüglich nicht mehr das ausschlaggebende Kriterium sein (siehe auch die Zusammenfassung der OGH-Entscheidung vom 22.10.2013, 4 Ob 129/13v – Tonträger Edition), vielmehr wird es im Sinne des vorliegenden Beschlusses vor allem darauf ankommen, inwieweit sich der angesprochene (Durchschnitts-) Verbraucher trotz des verlockenden „Geschenks“ der von ihm zu erbringenden Gegenleistung bewusst sein kann.

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