Aktuelle Judikatur

Klarstellung des EuGH zu irreführenden Geschäftspraktiken

Dem Urteil des EuGH vom 19.12.2013 (C-281/12 – Trento Sviluppo) lag ein Vorabentscheidungsersuchen aus Italien zugrunde. Eine Supermarktkette hatte in einer zweiwöchigen Werbeaktion unter anderem einen Laptop zu einem besonders günstigen Preis beworben. Das Gerät war jedoch in einer Filiale in Trento während des Aktionszeitraums nicht verfügbar, woraufhin ein kaufinteressierter Kunde, der sich dorthin begeben hatte, wegen dieses „Lockvogelangebots“ Anzeige bei der italienischen Wettbewerbsbehörde erstattete.

Der Fall ging bis zum Höchstgericht in Rom, das wegen des Wortlauts der italienischen Übersetzung Zweifel an der Auslegung des Art 6 Abs 1 (Irreführende Handlungen) der EU-Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken hatte. Die an den Europäischen Gerichtshof gerichtete Frage war, ob eine Werbung schon dann irreführend im Sinne dieser Bestimmung ist, wenn sie unwahre Angaben enthält bzw geeignet ist, den Durchschnittsverbraucher zu täuschen, oder ob sie darüber hinaus auch geeignet sein muss, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte. Wesentlicher Beweggrund für diese Vorlagefrage dürfte gewesen sein, dass offenbar nach Ansicht des Gerichts im konkreten Fall mangels Erwerbbarkeit des Produkts keine Veranlassung des Verbrauchers zu einer „geschäftlichen Entscheidung“ möglich gewesen wäre.

Der EuGH antwortete zunächst, dass die genannten Tatbestandsmerkmale gemeinsam vorliegen müssten: Eine Geschäftspraxis sei dann als irreführend einzustufen, wenn zum einen falsche Angaben gemacht werden oder sie geeignet sei, den Durchschnittsverbraucher zu täuschen und sie zum anderen auch geeignet sei, den Verbraucher zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die er ansonsten nicht getroffen hätte.

Der Begriff der „geschäftlichen Entscheidung“ sei allerdings weit auszulegen und erfasse nicht nur die Entscheidung über den Erwerb oder Nichterwerb eines Produkts, sondern auch damit unmittelbar zusammenhängende Entscheidungen wie insbesondere schon das Betreten des Geschäfts.

Diese Klarstellungen des EuGH sind auch für die Auslegung des Irreführungstatbestands in § 2 UWG wesentlich (siehe auch die Definition der „geschäftlichen Entscheidung eines Verbrauchers“ in § 1 Abs 4 Z 7 UWG), wobei mit der vorliegenden Entscheidung die bisherige, strenge Judikatur des OGH zu Lockvogelangeboten bestätigt wurde, dass es schon genügt, wenn der Verbraucher veranlasst wird, sich näher mit dem Angebot zu befassen (4 Ob 163/08m - aonTV, vgl Woller, ecolex 2014, 258).

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