Aktuelle Judikatur

OGH: Unlautere Werbung für Printmedium mit Fotos bekannter Sportler ohne deren Zustimmung

Der Entscheidung des OGH vom 17.9.2014, 4 Ob 62/14t (Schifahrerwerbung), lag die Klage (samt Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung) einer österreichischen Tageszeitung gegen eine Mitbewerberin zugrunde, die an zwei Sonntagen im Winter 2011/2012 mit Fotos bekannter Skirennfahrer (unter anderem Marcel Hirscher und Anna Fenninger) für ihren Sportteil – insbesondere mit dem Slogan „der beste Sport“ – geworben hatte. Es wurde weder die Zustimmung der Sportler noch des ÖSV eingeholt. Die Klägerin begehrte, der beklagten Partei zu untersagen, „… Bildnisse von Mitgliedern des Alpin-Nationalkaders des ÖSV ohne deren Zustimmung und/oder ohne Zustimmung des ÖSV zu Werbezwecken zu verwenden, insbesondere es zu unterlassen, das Bildnis der zuvor genannten Sportler im Zusammenhang mit der Bewerbung der Tageszeitung … insbesondere mit deren gleichzeitiger Bezeichnung als „beste Sport-Zeitung“, zu veröffentlichen bzw, zu verwenden.“
Die Klägerin brachte vor, es werde tatsachenwidrig der Eindruck erweckt werde, dass die Sportler die Zeitung der Beklagten als die Zeitung mit dem besten Sport empfehlen würden. Durch die Veröffentlichung werde auch ein Rechtsbruch im Sinne von § 1 UWG verwirklicht. Die konsenslose Verwendung der Fotos verstoße gegen § 78 UrhG (Urheberrechtsgesetz). Im Übrigen sei die Durchführung kommerzieller Werbung unter Verwendung von Personenbildnissen ohne Zustimmung des Abgebildeten nach nunmehr geltender Rechtslage eine unlautere Geschäftspraxis im Sinne des § 1 Abs 1 Z 1 UWG und liege ein Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt vor. Beklagte hielt dem entgegen, die abgebildeten Skifahrer hätten keinen Einwand gegen die Veröffentlichung ihrer Bildnisse erhoben. Die Lichtbilder seien im Rahmen der Ankündigung redaktioneller Berichterstattung abgedruckt worden; niemand gewinne den Eindruck, die abgebildeten Rennfahrer würden für die Zeitung werben.
Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Das Oberlandesgericht Wien als Rekursgericht wies den Sicherungsantrag ab, ließ allerdings den ordentlichen Revisionsrekurs an den OGH zu, der die ursprüngliche einstweilige Verfügung bestätigte.
Der OGH führt in seiner Entscheidung zunächst zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses aus, dass der Rechtsfrage, ob die konsenslose Bildnisveröffentlichung im Zusammenhang mit Medienwerbung gegen die berufliche Sorgfalt von Medienunternehmen verstoße und – bejahendenfalls – ob der Verstoß gegen die berufliche Sorgfalt als solcher lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche begründe, in Ermangelung einer diesbezüglichen oberstgerichtlichen Rechtsprechung erhebliche Bedeutung im Sinne von § 528 Abs 1 ZPO (Zivilprozessordnung) zukomme. In der Entscheidung 4 Ob 20/08g (Prominentenbildnisse), in welcher festgestellt worden sei, dass nur der durch die Bildnisveröffentlichung in seinen Interessen schutzwürdig Beeinträchtigte berechtigt sei, den Schutz seines Bildnisses in Anspruch zu nehmen, sei offen gelassen worden, ob das beanstandete Verhalten als „unlautere Geschäftspraktik“ gegen §§ 1 und 2 UWG verstoße.
In der Sache selbst hält das Höchstgericht – wie schon in anderen Entscheidungen zuvor – zunächst fest, dass das nach dem Wortlaut nur für § 1 Abs 1 Z 2 UWG maßgebende Erfordernis der Einhaltung der „beruflichen Sorgfalt“ auch dem mitbewerberschützenden Tatbestand der Z 1 zugrunde zu legen ist. Die beruflichen Sorgfaltspflichten ergeben sich, so der OGH unter Bezugnahme auf die Begriffsdefinition in § 1 Abs 4 Z 8 UWG und Art 2 lit h RL-UGP (EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken), aus den anständigen Marktgepflogenheiten sowie dem Grundsatz von Treu und Glauben.
Betreffend das Vorbringen der Klägerin zur Verletzung der „journalistische Sorgfalt“ iSd § 29 MedienG und der „Grundsätze für die publizistische Arbeit“ des Österreichischen Presserats („Ehrenkodex für die österreichische Presse“) führt der OGH aus, dass der „Ehrenkodex“ zwar keinen rechtsverbindlichen Charakter habe, ihm aber als Festschreibung der Branchenusancen eine für die Interpretation von Normen wie der §§ 6 ff MedienG (Persönlichkeitsschutz), 29 MedienG (Wahrnehmung journalistischer Sorgfalt) bzw der §§ 1330 ABGB und 111 StGB (üble Nachrede) wichtige Bedeutung zukomme: Gemäß Punkt 8.1. dieses Ehrenkodex dürften bei der Beschaffung mündlicher und schriftlicher Unterlagen sowie von Bildmaterial keine unlauteren Methoden angewendet werden und Punkt 8.4. verlange bei der Verwendung von Privatfotos die Zustimmung der Betroffenen, es sei denn, an der Wiedergabe des Bildes bestehe ein berechtigtes öffentliches Interesse. Laut Punkt 10.1. sei es in konkreten Fällen, insbesondere bei Personen des öffentlichen Lebens, notwendig, das schutzwürdige Interesse der Einzelperson an der Nichtveröffentlichung eines Berichts bzw Bildes gegen ein Interesse der Öffentlichkeit an einer Veröffentlichung sorgfältig abzuwägen.
Der OGH leitet daraus ab, dass die Veröffentlichung der Bilder von prominenten Sportlern – somit von Personen des öffentlichen Lebens – im Zusammenhang mit Eigenwerbung des Mediums jedenfalls nicht mit einem Interesse der Öffentlichkeit gerechtfertigt werden könne. Auch sonst sei kein schützenswertes Interesse der Beklagten ersichtlich, die Bilder prominenter Sportler – ohne deren Zustimmung – für Zwecke der Eigenwerbung zu nutzen. In sinngemäßer Anwendung der oben dargestellten Branchenusancen wäre nach den anständigen Marktgepflogenheiten daher vor der beanstandeten Veröffentlichung die Zustimmung der Abgebildeten zur Verwendung ihrer Bilder zu Werbezwecken einzuholen gewesen. Da dies – zugestandenermaßen – nicht erfolgt sei, liege somit eine Verletzung der beruflichen Sorgfalt seitens der Beklagten vor.
Die Beklagte könne die unterbliebene Einholung der Zustimmung zur Bildnisveröffentlichung auch nicht damit rechtfertigen, sie habe damit rechnen können, die Sportler würden wegen der damit verbundenen Erhöhung ihrer Bekanntheit der Veröffentlichung ihrer Bilder zu Werbezwecken zustimmen. Die Sorgfaltsverletzung der Beklagten bewirke, so der OGH, zwar mittelbar auch eine Verletzung des Bildnisschutzes der abgebildeten Sportler gemäß § 78 UrhG; die Klägerin mache aber nicht deren Abwehransprüche nach dem UrhG geltend, sondern stütze sich zur Begründung des Unterlassungsanspruchs auf eine Verletzung der beruflichen Sorgfalt durch zustimmungslose Bildveröffentlichung, von der sie als Mitbewerberin der Beklagten betroffen sei. Damit greife die Klägerin nicht in die Verfolgungsrechte der Abgebildeten ein. Zusammengefasst sei der Verstoß der Beklagten gegen die berufliche Sorgfalt unlauter im Sinne von § 1 Abs 1 Z 2 UWG und begründe als solcher einen lauterkeitsrechtlichen Unterlassungsanspruch.

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