Aktuelle Judikatur

Vergleichende Werbung und Objektivitätsgebot

Gegenstand der gerichtlichen Auseinandersetzung zwischen zwei Gratis-Tageszeitungen war ein Wort-Bild-Inserat in einer Werbe-Fachzeitschrift. Das Foto zeigte drei Zeitungsentnahmeboxen: In der Mitte eine bereits geleerte Box der Beklagten, rechts und links flankiert von zwei, noch halb mit Zeitungen gefüllten Boxen der Klägerin. Unterhalb stand in großer Schrift „Guter Journalismus steht weder rechts noch links“.

Die Medieninhaberin der einen Tageszeitung klagte nach dem UWG und brachte einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung ein, weil sie durch diese Werbung pauschal herabgesetzt werde. Es werde hier ohne jegliche Sach- oder Produktinformation suggeriert, dass ihre Zeitung aufgrund eines schlechten Journalismus ein Ladenhüter sei.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab, während das Rekursgericht die beantragte einstweilige Verfügung erließ. Der OGH bestätigte die Unlauterkeit der Werbeanzeige und betonte in seiner Entscheidung (16.12.2014, 4 Ob 209/14k – Weder rechts noch links) nachdrücklich die Notwendigkeit und Bedeutung des Objektivitätsgebots bei vergleichender Werbung.

Laut OGH handelte es sich bei der beanstandeten Anzeige um vergleichende Werbung nach § 2a UWG. Da diese Bestimmung im Sinne der EU-Richtlinie über irreführende und vergleichende Werbung (RL 2006/114/EG) auszulegen sei, müsse insbesondere auch deren Art 4 lit c beachtet werden, wonach nur wesentliche, relevante, nachprüfbare und typische Eigenschaften verglichen werden dürfen und dieser Vergleich objektiv zu erfolgen habe. Dieses Objektivitätsgebot, das in § 2a UWG nicht ausdrücklich genannt werde, schließe eine vergleichende Werbung mit nicht überprüfbaren Eigenschaften aus.

Hätte sich die Werbung darauf beschränkt, die höhere Nachfrage nach der Zeitung der Beklagten – wenn auch in ironischer Form – herauszustellen, wäre sie unbedenklich gewesen. Eine humorvolle oder ironische Anspielung auf einen Mitbewerber oder dessen Produkte ist nicht unlauter, wenn sie ihn weder dem Spott oder der Lächerlichkeit preisgibt noch von den Adressaten der Werbung wörtlich und damit ernst genommen wird, was hier aufgrund der Fachkunde der angesprochenen Kreise der Fall gewesen wäre. Die (implizite) Behauptung der Beklagten, ihre Zeitung biete besseren Journalismus, stelle jedoch eine Wertung dar und stehe wegen der fehlenden Überprüfbarkeit in unlösbarem Widerspruch zum Objektivitätsgebot in Art 4 lit c der EU-Richtlinie. Für die Annahme einer Unlauterkeit reiche hier schon die fehlende Objektivität und Nachprüfbarkeit aus, ohne dass damit eine ins Gewicht fallende Abwertung des Mitbewerbers verbunden sein müsse.

Der OGH bestätigt in seinem Erkenntnis zwar durchaus, dass dieses Objektivitätsgebot in einem gewissen Spannungsverhältnis zum Grundrecht der freien Meinungsäußerung steht. Im Lauterkeitsrecht sei allerdings, so das Höchstgericht, grundsätzlich ein strengerer Maßstab zulässig als in anderen Lebensbereichen und könne dieses Grundrecht daher im Allgemeinen eine Pauschalabwertung ebenso wenig rechtfertigen wie unwahre Tatsachenbehauptungen. Gleiches sei für das Objektivitätsgebot anzunehmen, das mit dem Interesse an sachlicher Aufklärung einem legitimen Zweck dient und daher dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz entspricht. Maßvolle Ironie könne zwar im Hinblick auf das Herabsetzungsverbot zulässig sein, bilde aber keinen Rechtfertigungsgrund für eine damit verbundene Verletzung des Objektivitätsgebots.

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