Aktuelle Judikatur

Mitbewerberschutz: Verstoß nach § 1 UWG bei ungerechtfertigter Drohung an Beauftragte eines Mitbewerbers

OGH 17.9. 2014, 4Ob 127/14a

Ein Unternehmen (Kläger), das seinen Kunden Telefon- und Internetzugänge zur Verfügung stellt, arbeitete mit einer Gesellschaft zusammen. Der Geschäftsführer (Beklagter) dieser Gesellschaft forderte wegen Entgeltstreitigkeiten und anschließenden Passwortänderungen für Router Beauftragte (deren Eigentum diese Router sind) der Unternehmerin per Email auf, keine weiteren Passwortänderungen vorzunehmen und bereits erfolgte rückgängig zu machen – sonst, so die Drohung, würde er gegen sie Strafanzeigen einbringen und Schadenersatzansprüche geltend machen. Gegen dieses Verhalten erhob die Klägerin eine auf § 1 UWG gestützte Klage auf Unterlassung – letztendlich mit Erfolg.

Der OGH befasste sich mit der Causa im Rahmen eines Revisionsrekurses, da nach Ansicht der Vorinstanz seit der UGW-Novelle 2007 keine hinreichend gefestigte Judikatur zur Beeinträchtigung der wettbewerblichen Nötigung existiere, was der OGH verneinte. In der Begründung führte der OGH an, dass die Beurteilung dieses Falles nach alter Rechtslage vor der UWG-Novelle 2007 erfolgte. Aufgrund der (auch in der Lehre unwidersprochenen gebliebenen) Entscheidung 4 Ob 133/07y – Sales Manager Austria III konnte sich die Sittenwidrigkeit eines Einwirkens auf Bedienstete oder Beauftragte eines Mitbewerbers aus dem angestrebten Ziel oder den verwendeten Mitteln ergeben.

Letzteres insbesondere dann, wenn Ansprüche behauptet wurden, die gegenüber den angesprochenen Personen von vornherein ausgeschlossen seien. Ein Haftungsgrund der Beauftragten für eine allfällige Vertragsverletzung des Klägers war nicht erkennbar, somit fehlte jede Grundlage für die an die Beauftragten gerichtete Drohung mit rechtlichen Konsequenzen. Das Verhalten des Beklagten wäre daher nach den 4 Ob 133/07y zugrunde liegenden Erwägungen als sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG alte Fassung anzusehen gewesen.

Nach neuer Rechtslage fällt das beanstandete Verhalten unter § 1 Abs 1 Z 1 UWG. Der OGH betonte dabei, dass entgegen der Auffassung des Rekursgerichtes der Sachverhalt keine „Geschäftspraktik“ darstellt. Denn darunter ist nach § 1 Abs 4 Z 2 UWG nur ein Verhalten zu verstehen, das „unmittelbar mit der Absatzförderung, dem Verkauf oder der Lieferung eines Produkts zusammenhängt“. Anders als nach der RL-UGP ist diese Definition im UWG zwar nicht auf Praktiken von Unternehmern gegenüber Verbrauchern beschränkt.

Dennoch erfasst sie aber auch im Verhältnis zwischen Unternehmern nur eine Einwirkung auf die (jeweilige) Marktgegenseite, die in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Absatz von Waren oder Dienstleistungen („Produkten“ im Sinne von § 1 Abs 4 Z 1 UWG) steht. Das liegt in diesem Fall nicht vor, denn das Verhalten des Beklagten zielte darauf ab, die Adressaten durch seine Drohung mit Strafanzeige und Geltendmachung von Schadenersatzansprüchen zur Missachtung von Weisungen ihres Auftraggebers (der Klägerin) zu bewegen. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Absatz von Waren oder Dienstleistungen bestand daher nicht. Das Verhalten war daher als „sonstige unlautere Handlung“ nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu qualifizieren.

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