Aktuelle Judikatur

Wettbewerbsrecht: (Tier-)Ärztevorbehalt im Fokus

OGH, 4Ob 252/15k vom 30. März 2016

Der OGH befasste sich mit einem lauterkeitsrechtlichen Rechtsbruch in Form eines Eingriffs in den Vorbehaltsbereich der Tierärzte. Im konkreten Fall klagte die Tierärztekammer einen Anbieter einer Diplom-Ausbildung für traditionelle Chinesische Medizin (TCM), Akupressur (bei Menschen und Tieren), wobei auch die Anwendung der Schüssler-Salze gelehrt werde, auf Unterlassung der Ankündigung und/oder Durchführung von Ausbildungen und Seminaren über TCM und Schüssler-Salze zur Behandlung von Tieren. Der Vorwurf des Wettbewerbsverstoßes im Sinne des Rechtsbruchs nach § 1 UWG ergibt sich aus dem Tierärztevorbehalt (die Untersuchung und Behandlung von Tieren sowie Vorbeugemaßnahmen medizinischer Art gegen Erkrankungen von Tieren und die Verordnung und Verschreibung von Arzneimitteln für Tieren ist den Tierärzten vorbehalten) aufgrund von § 1 in Verbindung mit § 12 Tierärztegesetz und dem Ausbildungsvorbehalt der Veterinärmedizinischen Universität Wien aufgrund von § 1 Absatz 1 Ziffer 9 Ausbildungsvorbehaltsgesetz in Verbindung mit § 3 Absatz 2 Ziffer 3 Tierärztegesetz. Die Beklagte bewarb auf ihrer Website, Tätigkeiten zur selbständigen Berufsausübung zu lehren, die dem Tierarzt vorbehalten seien und nur an der Veterinärmedizinischen Universität gelehrt werden dürften.

Der OGH hielt einerseits fest, dass die Beklagte unbestrittenermaßen keine befugte Ausbildungsstätte nach dem Ausbildungsvorbehaltsgesetz sei. Andererseits stellte der OGH klar, dass die Rechtsprechung über den Ärztevorbehalt nach dem Ärztegesetz auch auf das Tierärztegesetz anwendbar sei. Der Ärztevorbehalt nach der Humanmedizin erfasst nach § 2 Ärztegesetz „jede auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen begründete Tätigkeit, die unmittelbar am Menschen oder mittelbar für den Menschen ausgeführt wird“. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Abgrenzung zu nicht dem Ärztevorbehalt unterfallenden Behandlungen objektiv nach der wissenschaftlichen Begründung der angewandten Methoden und ihrer Zugehörigkeit zur medizinischen Wissenschaft vorzunehmen. Unter wissenschaftlich fundierten Methoden können auch Methoden fallen, die (noch) nicht Eingang in die Schulmedizin gefunden haben, wie die Homöopathie und die Akupunktur.

Eine auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen gegründete Tätigkeit wird aber nur ausgeübt, wenn die angewandte Methode ein gewisses Mindestmaß an Rationalität aufweist und für ihre Durchführung das typischerweise durch das Medizinstudium vermittelte umfassende Wissen erforderlich ist. Eine Ausnahme vom Ärztevorbehalt würde nur dann vorliegen, wenn dafür keinerlei medizinisches Fachwissen erforderlich ist. Ein Ärztevorbehalt liegt hingegen jedenfalls vor, wenn mit dem Eingriff eine erhebliche Gesundheitsgefährdung verbunden ist.

Diese Judikatur hat der OGH auch für den Tierärztevorbehalt übernommen. In der Entscheidung 4 Ob 11/15v untersuchte der OGH, ob die Tätigkeit eines Pferde-Physiotherapeuten auf medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht (auch wenn sie nicht ausdrücklich im Gesetz formuliert ist), wie sie auch im Rahmen eines Veterinärmedizinstudiums vermittelt werden. An dieser Auffassung, so der OGH nun, sei festzuhalten. Auch für den tierärztlichen Tätigkeitsvorbehalt gilt allerdings, dass eindeutig pseudowissenschaftliche Methoden wie das „Auspendeln“ (4 Ob 14/00p) oder „Körperenergiemessungen mittels Einhandrute“ durch eine „Natur- und Geistheilerin“ (4 Ob 166/03w) nicht dem (Tier-)Ärztevorbehalt unterfallen und daher auch von Nichttierärzten angeboten werden dürfen.

Explizit hielt der OGH fest, dass Homöopathie nicht in den pseudowissenschaftlichen Bereich falle (4 Ob 217/04x; 4 Ob 256/05h; 4 Ob 151/06v) und somit unter den Ärztevorbehalt zu subsumieren sei.
Eine TCM und Schüssler-Salze umfassende Ausbildung zur Anwendung bei Tieren wie sie in der gegenständlichen Causa beworben wurde, enthält somit Methoden, die in den Tierärztevorbehalt fallen und die von der Beklagten nicht angeboten und durchgeführt werden darf.

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