Aktuelle Judikatur

BGH: Haftung von Amazon-Händlern für falsche Angaben Dritter

Im ersten Fall hatte ein Händler eine Armbanduhr zu einem Preis von EUR 19,90 auf der Internetplattform angeboten, wobei über dem Preis "unverbindliche Preisempfehlung EUR 39,90" zu lesen war. Ein Mitbewerber klagte den Händler wegen unlauteren Wettbewerbs durch Irreführung, weil die Uhr zu diesem Zeitpunkt bereits ein Auslaufmodell war und die angeführte Preisempfehlung nicht mehr galt. Obwohl die unverbindliche Preisangabe von Amazon stammte und auch nur der Plattformbetreiber selbst eine solche einstellen und verändern hätte können, wurde die wettbewerbsrechtliche Haftung des Händlers für die irreführende Angabe bejaht (BGH, 3. 3. 2016 – I ZR 110/15 – Herstellerpreisempfehlung bei Amazon).

Parallel dazu hatte sich der BGH mit dem Fall zu beschäftigen, dass eine von einem Händler auf Amazon angebotene Computermaus nachträglich durch einen anderen Händler mit einer markenrechtsverletzenden Bezeichnung versehen worden war (stellen mehrere Händler das gleiche Produkt bei Amazon-Marketplace zum Verkauf ein, werden sie regelmäßig auf der bereits erstellten Katalogseite des ersten Anbieters gelistet; die anderen Verkäufer können die bei Amazon eingegebene Produktbeschreibung ohne Zustimmung bzw Einflussmöglichkeit des ursprünglichen Erstellers nachträglich ändern). Der Markenrechtsinhaber klagte den ersten Händler (der seine Produktinformationen wie Produktnamen, Hersteller und Marke ursprünglich in die von Amazon bereitgestellte Maske eingegeben hatte) mit Erfolg, obwohl die Änderung der Markenbezeichnung nicht von ihm sondern von einem anderen Anbieter dieses Produkts vorgenommen worden war (BGH, 3. 3. 2016 – I ZR 140/14 – Angebotsmanipulation bei Amazon).

Der BGH begründet diese weitreichende Haftung von Amazon-Händlern (auch) für Angaben Dritter im Wesentlichen damit, dass es den Händlern zuzumuten sei, dauerhaft oder über einen längeren Zeitraum bei Amazon Marketplace eingestellte Angebote regelmäßig darauf zu überprüfen, ob die Angaben zu den Produkten nach wie vor stimmten oder ob – wie im zweiten Fall – Änderungen vorgenommen worden seien, was regelmäßig vorkomme und in Händlerkreisen bekannt sei. Nach der Rechtsmeinung des deutschen Höchstgerichts würden die Händler, indem sie dem Plattformbetreiber die Möglichkeit der Einflussnahme auf das Erscheinungsbild ihres Angebots einräumen, ohne sich ein vertragliches Entscheidungs- oder Kontrollrecht vorzubehalten, die Gewähr für die Richtigkeit der vom Plattformbetreiber vorgenommenen Angaben übernehmen. Ebenso wenig stehe der Haftung des ersten Händlers entgegen, dass Amazon es jedem weiteren Anbieter ermögliche, die vom ersten Anbieter erstellte Produktbeschreibung zu ändern (eine mögliche Haftung von Amazon selbst war hier jeweils nicht Gegenstand des Verfahrens).

Die Händler, die auf der Internet-Verkaufsplattform Amazon-Marketplace Produkte zum Verkauf anbieten, trifft nach dieser Rechtsprechung eine erhebliche Überwachungs- und Prüfungspflicht im Hinblick auf die aktuelle Richtigkeit der Angaben und auf mögliche Veränderungen der Produktbeschreibungen.

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