Aktuelle Judikatur

EuGH: Marktstandvermieter hat Verkauf von Produktfälschungen abzustellen

Auf einem Marktplatz in Prag wurde gefälschte Markenware verkauft. Die Markeninhaber Tommy Hilfiger, Lacoste und Burberry stellten bei den tschechischen Gerichten den Antrag, dem Betreiber des Marktplatzes die Vermietung der Verkaufsflächen (Marktstände) an Händler mit gefälschten Waren zu untersagen. Sie brachten vor, dass gegen den Marktbetreiber eine solche Anordnung erlassen werden könne, weil er eine „Mittelsperson“ sei, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen würden (siehe Art. 11 der Richtlinie 2004/48/EG zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums; diese Bestimmung wurde in nationales tschechisches Recht umgesetzt in Art 4 Abs 3 Gesetz Nr. 221/2006). Der EuGH habe in seiner Entscheidung L`Oréal (vom 12.7.2011, C‑324/09) festgestellt, dass die Betreiber von Online-Marktplätzen aufgrund dieser Richtlinie dazu verpflichtet werden könnten, den Verkauf von Produktfälschungen abzustellen; dies müsse auch für physische Marktplätze gelten.

Die Gerichte erster und zweiter Instanz wiesen den Antrag ab, und zwar insbesondere mit der Begründung, dass dann im Ergebnis zB auch eine Elektrizitätsleitung oder die Ausstellung einer Gewerbeberechtigung an einen Händler ein die Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums ermöglichendes „Mittel“ darstellen würden. Der tschechische Oberste Gerichtshof hatte Zweifel an dieser Interpretation und legte den Fall dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.

Mit seinem Urteil vom 7.7.2016, Rs C-494 (Tommy Hilfiger Licensing LLC ua/Delta Center a.s.), stellte der EUGH im Sinne der Antragsteller fest, dass ein Wirtschaftsteilnehmer, der Dritten Flächen auf einem Marktplatz anbietet, wo diese Fälschungen von Markenerzeugnissen zum Verkauf feilbieten, jedenfalls als „Mittelsperson“, deren Dienste von einem Dritten zwecks Verletzung eines Rechts des geistigen Eigentums in Anspruch genommen werden, qualifiziert werden muss. Der Richtlinie 2004/48 sei nicht zu entnehmen, dass ihr Anwendungsbereich auf den elektronischen Handel beschränkt wäre. Es sei daher unbeachtlich, ob die Zurverfügungstellung von Verkaufsstellen einen Online-Marktplatz oder einen physischen Marktplatz betreffe.

Auch bezüglich der Art der gerichtlichen Anordnungen verwies der EuGH auf seine Entscheidung im Fall L`Oréal und führte aus, dass die gerichtlichen Anordnungen sowohl wirksam und abschreckend als auch gerecht und verhältnismäßig sein müssten. Sie dürften folglich nicht übermäßig kostspielig sein und auch keine Schranken für den rechtmäßigen Handel errichten. Von der Mittelsperson könne keine generelle und ständige Überwachung ihrer Kunden verlangt werden. Hingegen könne die Mittelsperson durchaus gezwungen werden, Maßnahmen zu treffen, die erneute derartige Verletzungen durch denselben Händler verhindern.

Zurück zur Liste

Impressum | Suche | Newsletter | © Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb (2024)