Aktuelle Judikatur

OGH: Strenger Maßstab bei Werbung mit Umweltschutzbegriffen

Im konkreten Verfahren war das in einer Plastikflasche abgefüllte Geschirrspülmittel mit der Aussage „Ocean Bottle – Hergestellt mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer“ bzw „Mach mit, unsere Meere vom Plastikmüll zu befreien: Diese Flasche wurde mit 50 % Plastikmüll aus dem Meer hergestellt, welcher an die Küste gespült wurde“ beworben worden. Dazu war eine auf dem Meer schwimmende Plastikflasche abgebildet.

Ein Mitbewerber bezweifelte die Richtigkeit dieser Werbeaussage und brachte eine Klage wegen Irreführung ein, weil das verwendete Recycling-Plastik nur an Stränden, Flussufern und Wasserläufen einer Bucht in Rio de Janeiro nach der Fußball-WM 2014 aufgesammelt worden war, jedoch nicht feststehe, ob das Plastik tatsächlich aus dem Meer stammte. Es mache einen Unterschied, ob es sich hier um echtes „Meeresplastik“ handle, welches sich über die Ozeane verteile, sich zersetze und praktisch kaum mehr eingesammelt werden könne oder nur um „Strandplastik“, das nicht im Meer gewesen sei. „Meeresplastik“ einzusammeln und zu verarbeiten sei daher wesentlich schwieriger, auch weil es durch Sonne und Salzwasser stärker angegriffen werde als herkömmliches Recycling-Plastik, und hätte ein solches Unterfangen auch deutlich positivere Auswirkungen auf die Umwelt (siehe dazu auch die Entscheidungsanmerkung von Horak, ecolex 2018, 1010).

Nachdem im gerichtlichen Verfahren (Sicherungsverfahren) nicht festgestellt werden konnte, dass das für die Herstellung der Flaschen verwendete Plastik aus dem Meer stammte (die Beweislast dafür wurde den beklagten Parteien auferlegt), untersagten schon die Vorinstanzen den Beklagten mit einstweiliger Verfügung, „im geschäftlichen Verkehr in Österreich den Eindruck zu erwecken und/oder inhaltsgleiche Behauptungen zu kommunizieren, dass die Flaschen aus 50 % Plastikmüll aus dem Meer hergestellt werden, wenn dies tatsächlich nicht zutrifft“. Ein Verbraucher, der eine dem Kauf eines Handspülmittels angemessene Aufmerksamkeit aufwende, verstehe die Werbung dahingehend, dass es sich um aus dem Meer angespülten Plastikmüll handle. Die wettbewerbliche Relevanz sei zu bejahen, weil gerade die Verschmutzung der Meere mit Plastik ein Thema sei, dem an Umweltschutz interessierte Personen besondere Bedeutung zumäßen.

Der OGH bestätigte diese Ausführungen mit Beschluss vom 23.8.2018 (4 Ob 144/18g – Ocean Bottle II) und hielt fest, dass diese insbesondere in Einklang mit der gesicherten Rechtsprechung stünden, wonach Werbung mit Umweltschutzbegriffen in hohem Maße geeignet sei, den Kaufentschluss zu beeinflussen und daher nach strengen Maßstäben zu beurteilen sei. Aufgrund der mehrfachen Aussagen, dass die Flasche mit 50 % Plastikmüll „aus dem Meer“ hergestellt worden sei bzw des Hinweises, dass der gesammelte Müll „an die Küste gespült wurde“, sei bei den angesprochenen Verkehrskreisen der irreführende Eindruck erweckt worden, es sei Plastikmüll verwendet worden, der bereits im Meer war.
Es sei auch korrekt gewesen, den Beklagten gemäß § 1 Abs 5 UWG die Beweislast dafür aufzubürden, ob bzw in welchem Ausmaß der verwendete Plastikmüll tatsächlich aus dem Meer stammte, weil diese im Gegensatz zur Klägerin Zugang zu den Informationen über den Produktionsprozess und die Herkunft der verwendeten Rohstoffe hätten.

Der OGH verweis dabei auf seine Entscheidung vom 17.11.2015 (4 Ob 182/15s – regionales Rindfleisch), wo zur Aufklärung der Frage, ob bestimmte angebotene Fleischprodukte tatsächlich aus einer bestimmten Region stammten, ebenfalls der beklagte Unternehmer mit dem Herkunftsnachweis belastet wurde, weil dieser über seine eigene unternehmerische Tätigkeit Bescheid wissen müsse.

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