Aktuelle Judikatur

Klage gegen Amazon wegen irreführender Preisangabe mit deutscher Umsatzsteuer

Die BAK (Bundesarbeiterkammer) hat gegen Amazon eine Verbandsklage ua wegen irreführender Preisangabe nach § 2 UWG eingebracht. Was die irreführende Preisinformation betrifft, hat das Oberlandesgericht Wien nicht dem Hauptbegehren, sondern dem Eventualbegehren stattgegeben (Entscheidung vom 28.11.2018, GZ 2 R 145/18k). Es beurteilte die Angabe des Gesamtpreises mit der niedrigeren deutschen Umsatzsteuer insofern als irreführend, wenn nicht bei Angabe des Preises klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass der Preis mit dem deutschen Umsatzsteuersatz kalkuliert ist. Amazon hat schon während des Verfahrens darauf reagiert und weist nunmehr darauf hin, dass der zunächst ausgewiesene Preis die deutsche USt enthält. Dieses Urteil ist rechtskräftig.

Im Einzelnen hält das OLG Wien dazu folgendes fest:
Auch unvollständige Angaben verstoßen gegen das Verbot irreführender Geschäftspraktiken, wenn durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen wird, der geeignet ist, die Adressaten der Werbung zu einer geschäftlichen Entscheidung zu veranlassen, die sie sonst nicht getroffen hätten. Das gilt auch dann, wenn die beanstandete Aussage bei isolierter Betrachtung wahr ist. Der beim Gesamtpreis enthaltene Hinweis „Alle Preisangaben inkl Ust“ ist zwar zutreffend, lässt aber offen, ob damit bereits die für den jeweiligen Kunden maßgebliche Umsatzsteuer oder aber – wie dies tatsächlich der Fall ist – lediglich die für Deutschland geltende Umsatzsteuer gemeint ist. Aus der bloßen Tatsache, dass Verbraucher bewusst eine grenzüberschreitende Webseite aufsuchen und die Umsatzsteuersätze nicht vereinheitlicht sind, kann – bedenkt man auch die bestehenden technischen Möglichkeiten (z.B.: „Geotargeting“ im E-Commerce), deren Einsatz jedoch für Kunden nicht nachvollziehbar ist noch nicht darauf geschlossen werden, dass einem durchschnittlich aufmerksamen Verbraucher ohne jeglichen Hinweis bewusst wäre, dass der angegebene Preis für ihn nicht (end)gültig ist. Die Preisangabe ist daher unvollständig und auch geeignet, die Kaufentscheidung von Verbrauchern zu beeinflussen.

Der zu zahlende Preis für ein Produkt ist eines der wesentlichsten Kriterien für die Auswahlentscheidung des Verbrauchers. Eine Preiswerbung darf daher dem Kunden nicht über das Ausmaß des zu zahlenden Entgelts täuschen. Der Werbende hat gegenüber dem Verbraucher den Preis einschließlich aller (tatsächlich auch anfallenden) Steuern und Abgaben anzugeben. Ist die Bekanntgabe des Preises vernünftigerweise nicht im Voraus möglich, hat der Werbende über die Art seiner Preisberechnung zu informieren.

Die Beklagte ist daher gehalten, die von ihr beworbenen Produkte für einen durchschnittlich aufmerksamen Betrachter derart zu kennzeichnen, dass dieser entweder den für ihn tatsächlich maßgeblichen Bruttogesamtpreis oder – sollte dies im Voraus nicht möglich sein – die Art der Preisberechnung klar und deutlich entnehmen kann. Diesen Anforderungen wird die Preisangabe der Beklagten nicht gerecht. Vielmehr ändert sich der ursprünglich angegebene (Brutto)Gesamtpreis nach Eingabe der Lieferadresse - wenn auch noch vor dem Bestellvorgang – ohne dass der Verbraucher auf die Tatsache der Änderung des Preises oder den Grund dafür gesondert hingewiesen oder aufgeklärt wird. Damit ist aber die Preisgestaltung nicht ohne weiters nachvollziehbar. Überdies ist davon auszugehen, dass bereits durch die Angabe des ersten Preises das Interesse der Kunden geweckt wird und dieser auch zumindest eine erste Grundlage für allfällige Preisvergleiche bildet, auch wenn die tatsächliche, rechtsverbindliche Kaufentscheidung erst später, zu einem Zeitpunkt, zu dem der aufgrund der eingegebenen Lieferadresse richtige Bruttopreis angegeben ist, erfolgt. Mag auch die Preisabweichung – bedingt durch den in der Regel geringen Unterschied zwischen der deutschen und der österreichischen Umsatzsteuer – lediglich geringfügig sein, so kommt gerade der Preisgestaltung im Onlineversandhandel aufgrund des breiten Angebotes sowie der guten Vergleichbarkeit eine ganz wesentliche Bedeutung zu, sodass auch bereits bloß geringfügige Preisunterschiede entscheidend und maßgeblich sein können.

Soweit Amazon argumentiert, dass sich das Unterlassungsbegehren zu Unrecht auch auf die Website www.amazon.de beziehe, weil sich diese Seite an deutsche Verbraucher richte und jedem Verbraucher, der eine ausländische Seite aufrufe, klar sein müsse, dass dort primär deutsche Preise angezeigt werden, kann diesen Ausführungen nicht näher getreten werden. Das Klagebegehren ist ohnehin lediglich insoweit auf die Webseite www.amazon.de bezogen, als Verbraucher diese über die österreichische Homepage www.amazon.at oder eine an deren Stelle tretende Adresse und nicht direkt aufsuchen. Im Übrigen richtet sich die Beklagte auch mit ihrer Website www.amazon.de an Kunden in Österreich und erfolgt bei einem Einstieg über die Website www.amazon.at lediglich eine sofortige Weiterleitung auf die deutsche Homepage. Allerdings verweist Amazon zu Recht darauf, dass das Hauptbegehren zu weit gefasst ist, weil ihr die Angabe eines Gesamtpreises auf Basis der deutschen Umsatzsteuer auch dann untersagt wird, wenn sie – wie im Rahmen ihres nun geänderten Internetauftrittes auf diesen Umstand sowie die für den endgültigen Preis maßgeblichen Kriterien hinweist und daher nicht gegen § 2 UWG verstößt. Es war daher das Hauptbegehren abzuweisen und dem diesem Umstand Rechnung tragenden Eventualbegehren statt zu geben.

Amazon hat also schon während des Verfahrens darauf reagiert und weist nunmehr darauf hin, dass der zunächst ausgewiesene Preis die deutsche Umsatzsteuer enthält.

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