Aktuelle Judikatur

Eine Internetplattform zum An- und Verkauf von Tickets für diverse Veranstaltungen bedarf keiner Gewerbeberechtigung in Österreich

OGH vom 30.3.2020, Geschäftszahl 4 Ob 32/20i

Die Beklagte, eine schweizerische Aktiengesellschaft, betreibt eine Internetplattform in Form eines Online-Marktplatzes für einen sekundären Ticketmarkt, wobei ihr Service weltweit abrufbar ist. Sie verfügt in Österreich über keine Niederlassung, keine Postanschrift, keine Büroräumlichkeiten und keine Postfächer, sie hat auch keine österreichische Telefonnummer und keine Österreich-bezogene E Mail Adresse. Die Beklagte verfügt über keine österreichische Gewerbeberechtigung; in Österreich werden keine Vermittlungshandlungen durchgeführt.

Über die Plattform der Beklagten werden von registrierten (zum Teil auch gewerblichen) Usern Tickets für diverse Veranstaltungen an ebenfalls registrierte Interessenten als Kunden verkauft. Die geschäftliche Abwicklung erfolgt zwischen den Verkäufern und den Käufern. Die Beklagte überprüft – ohne Hinweis auf konkrete Rechtsverstöße – nicht, ob die Verkäufer über die dafür allenfalls notwendige Gewerbeberechtigung verfügen. Für den Kunden ist nicht ersichtlich, von wem er das gewünschte Ticket kauft und ob es sich dabei allenfalls um ein personalisiertes Ticket handelt. Der ursprünglich vom Veranstalter festgelegte Kartenpreis ist ebenfalls nicht ersichtlich. Die vom Kunden zu zahlenden Preise werden von den jeweiligen Verkäufern festgelegt. Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte auf die Preisgestaltung Einfluss nimmt.

Beim Ansehen eines konkreten Angebots wird der Ticketpreis (inklusive USt) ausgewiesen. Während des Bestellvorgangs wird zusätzlich zum Ticketpreis die Bearbeitungsgebühr ausgewiesen, in der Folge auch der Gesamtpreis samt den einzelnen Gesamtpreiskomponenten. Es kann nicht festgestellt werden, wie sich die Bearbeitungsgebühr der Beklagten errechnet und ob diese für die von der Beklagten erbrachten Leistungen angemessen ist.

Die Beklagte betreibt daher einen Dienst der Informationsgesellschaft im Sinn des § 3 Z 1 ECG zur Verfügung. Hinsichtlich der hier vorliegenden Vermittlungstätigkeit der Beklagten würde eine Tätigkeit nach der österreichischen Gewerbeordnung jedenfalls nur dann vorliegen, wenn der Eindruck erweckt wird, dass die gewerbliche Tätigkeit in Österreich entfaltet wird. Nach dem Standpunkt des Klägers kommt es in dieser Hinsicht darauf an, ob ein ausländischer Unternehmer, der keinen Sitz im EWR hat, seinen Internetauftritt (seine Tätigkeit) erkennbar auf den österreichischen Markt ausrichtet.

In diesem Sinn führen Traudtner/Höhne – unter Hinweis auf die Auffassung der Gewerbebehörden – aus, dass keine Gewerbeausübung im Inland vorliege und die österreichische Gewerbeordnung daher nicht anzuwenden sei, wenn in Österreich kein wesentlicher Teilbereich des Gewerbes erbracht werde. Wenn lediglich die Leistung die Grenze überschreite, sei der ausländische Ort der Niederlassung des Gewerbetreibenden der Ort der Leistungserbringung. Dies gelte auch für die Leistungserbringung via Internet. Ausländische Internet-Gewerbetreibende entfalteten daher keine der Gewerbeordnung unterliegende Tätigkeit. Auf ihre Tätigkeit seien allein die gewerblichen Vorschriften des Ansässigkeitsstaats (Niederlassungsstaats) anzuwenden.

Ausgehend von diesen Überlegungen kann die Rechtsauffassung der Beklagten, für ihre Online-Vermittlungstätigkeit sei mangels wesentlicher Teiltätigkeiten in Österreich keine Gewerbeberechtigung nach der österreichischen Gewerbeordnung erforderlich, mit guten Gründen vertreten werden. Der vorgeworfene Rechtsbruch liegt damit nicht vor.

In weiterer Folge ist noch die Einhaltung der Informationspflichten zu prüfen gewesen. Demnach muss eine Aufforderung zum Kauf eine Anzahl von Basisinformationen enthalten, die in Art 7 Abs 4 der RL-UGP angeführt sind und die der Verbraucher benötigt, um eine informierte geschäftliche Entscheidung treffen zu können. Zu den erwähnten Basisinformationen zählen vor allem folgende Informationskategorien:
- Die wesentlichen Merkmale des beworbenen Produkts,
- die Identität (Name und Anschrift) des (gewerblichen) Anbieters des beworbenen Produkts, wobei diese Information unabhängig davon erteilt werden muss, ob der Anbieter selbst oder ein Dritter Verfasser der Aufforderung zum Kauf ist,
- der Bruttopreis des beworbenen Produkts.

Die Angabe, ob es sich um ein frei übertragbares oder personalisiertes Ticket handelt, ist demnach ein wesentliches Merkmal des beworbenen Produkts im Sinn des § 2 Abs 6 Z 1 UWG und damit eine wesentliche Information. Gemäß § 2 Abs 6 Z 2 UWG (iVm Art 7 Abs 4 lit b RL UGP) muss die Identität des Anbieters des beworbenen Produkts angegeben werden. Die Anbieter sind im Anlassfall die Verkäufer und nicht die Beklagte. Bei der Identität des jeweiligen Verkäufers (nach Maßgabe der Registrierung bei der Beklagten) handelt es sich somit ebenfalls um eine wesentliche Information, welche hier gefehlt hat. Der OGH hat dabei klargestellt, dass beim Fehlen einer wesentlichen Information im Sinn des § 2 Abs 4 bis 6 UWG eine gesonderte Prüfung der Irreführungseignung (Wesentlichkeit) der unterbliebenen Information und der Spürbarkeit (Relevanz) entfällt. Beim Online-Verkauf von Veranstaltungstickets stellen die Angaben, ob es sich um ein frei übertragbares oder personalisiertes Ticket handelt sowie der Identität des jeweiligen Verkäufers eine wesentliche Information dar, bei deren Fehlen eine irreführende Geschäftspraktik im Sinne des § 2 Abs 4 UWG vorliegt.

Da nach dem Inhalt der AGB auch der Kunde davon ausgehen kann, dass ein gewerblicher Verkäufer über die erforderliche Gewerbeberechtigung verfügt, und da eine fehlende Gewerbeberechtigung die Wirksamkeit des Kaufgeschäfts unberührt lässt, ist die zusätzliche Angabe im Einzelfall, dass der jeweilige gewerbliche Verkäufer auch über die erforderliche (in- oder ausländische) Gewerbeberechtigung verfügt, hingegen nicht als wesentliche Information zu qualifizieren. Nach § 2 Abs 6 Z 3 UWG (Art 7 Abs 4 lit c RL UGP) muss der Bruttopreis des beworbenen Produkts angegeben werden. Weitere Angaben zu zusätzlichen Preis-Unterkategorien sind in dieser Bestimmung nicht vorgesehen.
Die in der hier maßgebenden Bestimmung normierte Anforderung wird von der Beklagten erfüllt.

Die von der Beklagten verlangte Bearbeitungsgebühr wird während des Bestellvorgangs gesondert ausgewiesen und ist dem Kunden daher bekannt. Die Art der Berechnung der Bearbeitungsgebühr ist nach § 2 Abs 6 Z 3 UWG keine wesentliche Information. Dies wird wiederum dadurch bestätigt, dass Faktoren für eine Angemessenheitskontrolle nach der in Rede stehenden Gesetzesbestimmung nicht angegeben werden müssen.








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