Aktuelle Judikatur

OGH: Zur Konkretisierung des „Geschäftsgeheimnisses" im UWG-Verfahren

OGH vom 25.6.2020, 9 ObA 7/20z

In seiner ersten Entscheidung zu den Voraussetzungen für die Durchsetzung des Schutzes von Geschäftsgeheimnissen nach den neuen Bestimmungen in §§ 26a ff UWG stellt der OGH (hier durch seinen arbeitsrechtlichen 9. Senat) klar, dass es nicht genügt, abstrakt das Vorliegen von Geschäftsgeheimnissen zu behaupten, sondern konkret darzulegen ist, warum es sich um Geschäftsgeheimnisse des betroffenen Unternehmens handelt. Die Entscheidung erging in einem Provisorialverfahren, also in einem Verfahren, wo neben einer Klage die Erlassung einer einstweiligen Verfügung (EV) beantragt worden war.

Der klagende Unternehmer machte gegen den Beklagten (ein ehemaliger Arbeitnehmer des Klägers) einen Anspruch nach § 26e UWG auf Unterlassung der rechtswidrigen Nutzung von Geschäftsgeheimnissen geltend. Dem Beklagten solle nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen insbesondere verboten werden, Geschäftsgeheimnisse wie Kundenlisten, Pläne, Lieferantenkonditionen und Passwörter zu nutzen. Schon in erster und zweiter Instanz wurde der Antrag abgewiesen, weil vom Kläger lediglich Gattungsbezeichnungen zur Beschreibung des angeblich verletzten „Geschäftsgeheimnisses“ verwendet worden waren. Der zuständige arbeitsrechtliche Senat des OGH bestätigte diese Entscheidungen.

Der OGH weist zunächst grundsätzlich darauf hin, dass die Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen im UWG auch besondere Vorschriften für den Geheimnisschutz im zivilgerichtlichen Verfahren enthalten. So sieht § 26h Abs 1 UWG vor, dass die Information, von der behauptet wird, dass sie ein Geschäftsgeheimnis sei, im Verfahren zunächst nur so weit offenzulegen ist, als es unumgänglich ist, um das Vorliegen der Voraussetzungen eines Geschäftsgeheimnisses sowie seiner Verletzung glaubhaft darzulegen. Es ist hinreichend, wenn im ersten Schriftsatz das Vorbringen zumindest soweit substanziiert ist, dass sich das Vorliegen eines Geschäftsgeheimnisses und der geltend gemachte Anspruch daraus schlüssig ableiten lassen.

Diese Regelung ändert laut OGH allerdings nichts an der grundsätzlichen Behauptungs- und Bescheinigungslast der sich auf das Geschäftsgeheimnis berufenden Partei in Bezug auf die ihren Anspruch begründenden Tatsachen. Wieweit diese Konkretisierung zu gehen hat, sei von den Umständen des konkreten Falles abhängig. Im vorliegenden Fall habe die klagende Partei eine Konkretisierung nicht einmal versucht, sondern sich damit begnügt, abstrakt auf das Vorliegen von „Geschäftsgeheimnissen“ zu verweisen. Die Aufzählung von Gattungsbezeichnungen („Kundenlisten, Pläne, Lieferantenkonditionen sowie unternehmensinterne Passwörter, Lieferantenzugänge etc.“) reiche nicht aus, um beurteilen zu können, ob ein den Kriterien des Gesetzes entsprechendes Geschäftsgeheimnis vorliegt. Dem Vorbringen des Klägers, dass es „wohl evident“ sei, dass Kundendaten, Lieferkonditionen und Pläne Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse darstellen, könne nicht gefolgt werden. Es sei zwar richtig, dass derartige Informationen Geschäftsgeheimnisse sein können, diese grundsätzliche Eignung sage aber nichts darüber aus, ob überhaupt und inwieweit sie es in dem konkreten Unternehmen tatsächlich sind.

Überdies lasse der Revisionsrekurs des Klägers offen, aus welchen Gründen ihm zur Wahrung seiner Interessen im Verfahren keine über diese Gattungsbezeichnungen hinausgehende Konkretisierung möglich sein solle. Immerhin habe der Beklagte während des aufrechten Dienstverhältnisses offenbar unbeschränkten Zugang zu und Kenntnis von all diesen Informationen gehabt. Es gehe daher im Verfahren vor allem darum zu klären, ob er diese Informationen in unzulässiger Weise für sich nutzt und nicht darum, zu verhindern, dass sie ihm überhaupt bekannt werden.

Der Kläger habe schließlich, so der OGH, auch nicht dargelegt, welche Ergänzungen seines Vorbringens in einem allfälligen Verbesserungsverfahren erfolgt wären. Die Frage, ob – anders als nach der ständigen Rechtsprechung zu einstweiligen Verfügungen nach der EO – im Hinblick auf das besondere Verfahren nach §§ 26c ff UWG bei einem Antrag nach § 26i UWG im Fall eines nicht ausreichend konkreten Vorbringens im ersten Schriftsatz ein Verbesserungsverfahren in Betracht kommen könnte, sei daher nicht zu prüfen gewesen.

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