Aktuelle Judikatur

Unlauteres Koppelungsangebot bei marktbeherrschender Stellung

In einem Fall zwischen zwei Bestattungsunternehmen steht die beklagte Gesellschaft im Eigentum einer niederösterreichischen Stadt und betreibt dort ein Bestattungsunternehmen. Weiters verwaltet die Beklagte den städtischen Friedhof. Die einzige Aufbahrungshalle der Stadt, im Eigentum der Beklagten, befindet sich auf dem Friedhofsgelände. Die Klägerin ist ein Bestattungsunternehmen, das jährlich einen beträchtlichen Teil seiner Bestattungen auf dem von der Beklagten verwalteten Friedhof, teilweise unter Benützung der Aufbahrungshalle, durchführt.

Für Sargbestattungen ist gesetzlich vorgeschrieben, dass diese nur unter Benützung der Aufbahrungshalle zulässig sind. Beabsichtigt die Klägerin eine Bestattung unter Benützung der Aufbahrungshalle, muss sie diese Nutzung bei der Beklagten zu einem bestimmten Termin reservieren. Die Friedhofsverwaltung der Beklagten verlangt für die Benützung der Aufbahrungshalle die gesetzlich vorgesehenen Gebühren. Darüber hinaus verlangt die Beklagte einen Fixpreis für durch ihr Bestattungsunternehmen erbrachte Leistungen, und zwar für die „Aufbahrung“ (Bereitstellung der Halleneinrichtung) und für „Personal“ (Bereitstellung eines Mitarbeiters für das Öffnen und Schließen der Aufbahrungshalle und die Bedienung der Tonanlage). Diese beiden Positionen kann die Klägerin nicht abbestellen, weil sie ohne diese Leistungen des Bestattungsunternehmens der Beklagten die Aufbahrungshalle nicht reservieren und benützen darf.

Die Klägerin begehrte von der Beklagten, es im geschäftlichen Verkehr zu unterlassen, ihre Sonderstellung im Rahmen der Ausübung der Friedhofsverwaltung zur Förderung eigenen Wettbewerbs dadurch zu missbrauchen, dass der Klägerin als Voraussetzung für die Terminfixierung für Bestattungen und die Benützung der Aufbahrungshalle die Bestellung von Leistungen, nämlich die „Aufbahrung“ sowie „Personal“, abverlangt wird. Die Klägerin verfüge selbst über Personal und die notwendigen Aufbahrungsgegenstände. Die Beklagte zwinge ihren Mitbewerbern durch die beanstandete Vertragsgestaltung die Abnahme von unerwünschten Leistungen auf und verschaffe sich auf diese Weise einen unlauteren Wettbewerbsvorteil.

In der Bestätigung der klagsstattgebenden Entscheidung des Berufungsgerichts führte der Oberste Gerichtshof folgendes dazu aus: Eine privatwirtschaftlich tätig werdende öffentlich-rechtliche Körperschaft darf nicht jene Machtmittel, die ihr die öffentlich-rechtliche Stellung gibt, zur Förderung ihres privaten Wettbewerbs ausnützen. Unlauter ist insbesondere die Verquickung amtlicher Pflichten mit erwerbswirtschaftlichen Interessen (4 Ob 24/95; 4 Ob 21/04y). Das gilt auch dann, wenn die öffentliche Hand – wie hier – nicht unmittelbar, sondern in der Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts tätig wird (4 Ob 72/02w).

Die Beklagte besorgt einerseits die dem öffentlich-rechtlichen Bereich zuzuordnende Friedhofsverwaltung, andererseits betreibt sie im Rahmen privatwirtschaftlicher Betätigung ein Bestattungsunternehmen. Die Vertragsbedingungen über die verrechneten „Zusatzleistungen“ erfolgen im Rahmen ihrer Privatautonomie. Damit unterliegt die beanstandete Vertragsgestaltung mit ihren Kunden einer lauterkeitsrechtlichen Kontrolle. Der OGH hält in diesem Fall fest, dass die Beklagte als Eigentümerin der einzigen Aufbahrungshalle in der betreffenden Stadt eine Monopolstellung innehat und jedes Bestattungsunternehmen bei Durchführung einer Sargbestattung in dieser Stadt nach den gesetzlichen Vorschriften auf diese Halle angewiesen ist.

Die Beklagte macht die Überlassung der Aufbahrungshalle davon abhängig, dass die Klägerin gleichzeitig einen Vertrag über zusätzliche Leistungen schließt. Damit liegt die Koppelung einer öffentlich-rechtlich begründeten Überlassungsverpflichtung mit dem Abschluss eines privatrechtlichen Vertrags vor. Koppelungsangebote sind nur bei Hinzutreten besonderer Umstände unlauter, so etwa bei Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung (4 Ob 129/13v, Tonträger Edition; 4 Ob 84/12z, Hahnenkamm-Gewinnspiel). Das kann auch bei der öffentlichen Hand der Fall sein (vgl § 5 Abs 1 Z 4 KartG 2005; 4 Ob 41/08w, Wiener Zeitung II).

Die öffentliche Hand handelt dann unlauter, wenn sie die Einhaltung ihrer im öffentlichen Recht vorgesehenen Verpflichtungen davon abhängig macht, dass bei einem von ihr betriebenen Unternehmen zusätzliche Leistungen abgenommen werden. Darin liegt ein Missbrauch ihrer öffentlich-rechtlichen Machtmittel und eine unzulässige Verquickung amtlicher Pflichten mit erwerbswirtschaftlichen Interessen. Ein solches unlauteres Verhalten (Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung) ist der Beklagten vorzuwerfen und als unlautere Geschäftspraktik iSv § 1 Abs 1 Z 1 UWG zu untersagen.

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