Aktuelle Judikatur

Pfuscher trifft auch Deliktshaftung bei nicht fachgemäßer Ausführung

Im gegenständlichen Fall ist die Klägerin ein Wasserleitungsversicherer des von einem Schadensfall betroffenen Gebäudes mit mehreren Wohnungseigentumsobjekten. Die Tochter des Beklagten hat dort eine Wohnung gemietet. Der Beklagte hat aus Gefälligkeit eine neue, jedoch unpassende Armatur bei der Küchenspüle montiert. Die Tochter des Beklagten vereinbarte mit der Hausverwaltung, dass sie sich eine neue Armatur in einem Baumarkt aussuche und die Vermieterin die Kosten übernehme. Auf Anfrage der Hausverwaltung, wer den Armatur-Einbau übernehme, erklärte die Mieterin, dass dies ihr Vater mache. Dessen Fähigkeiten und die Eignung der Armatur wurden nicht erörtert. Einige Zeit nach der Montage kam es zu einem Wasseraustritt, wodurch Schäden in mehreren Wohnungen des Hauses, darunter auch in der Wohnung der Tochter des Beklagten verursacht wurden.

Die Klägerin begehrte die Zahlung von rund 70.000 Euro. Dem Beklagten habe es an den nötigen Fachkenntnissen für die Montage der Armatur gefehlt. Der Beklagte entgegnete, dass er aus Gefälligkeit gehandelt habe. Mangels installationstechnischer Ausbildung habe er die ungeeignete Armatur weder als solche erkannt noch erkennen müssen. Die Hausverwaltung habe es vorgezogen, eine in die Erhaltungspflicht der Vermieterin fallende Maßnahme der Mieterin bzw ihrem Vater zu überlassen.

Das Erstgericht entschied in einem Zwischenurteil, dass das Klagebegehren dem Grunde nach zu Recht bestehe. Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten teilweise Folge und sprach aus, dass das Klagebegehren dem Grund nach zu 50% zu Recht bestehe, soweit es sich auf Schäden der Vermieterin der Tochter des Beklagten beziehe, und im Übrigen zu 100% zu Recht bestehe.
Zu den geschädigten Wohnungseigentümern stand der Beklagte in keiner Vertragsbeziehung, daher hafte er nur deliktisch. Dafür sei vorausgesetzt, dass er die erforderliche und zumutbare Sorgfalt zur Vermeidung der Gefährdung fremder Güter außer Acht gelassen habe. Dies sei hier zu bejahen. Es sei allgemein bekannt, dass Arbeiten an Wasserleitungssystemen, wenn sie unfachmännisch erfolgen, zu Undichtheiten und damit zum Wasseraustritt führen könnten. Das Gleiche gelte für den Umstand, dass daraus erhebliche Schäden resultieren könnten. Der Beklagte hätte sich die Montage der neuen Armatur daher nicht zutrauen dürfen. Die Hausverwaltung treffe ein gleichteiliges Mitverschulden, weil sie der fachlichen Kompetenz des Vaters der Beklagten kein Augenmerk geschenkt und sich nicht darum gekümmert habe, ob dieser überhaupt die nötige fachliche Qualifikation aufweise. Das Tätigwerden der Hausverwaltung könne jedoch nur der Eigentümerin der von der Tochter des Beklagten gemieteten Wohnung zugerechnet werden, weil die Hausverwaltung im Anlassfall nur die Vermieterin vertreten habe.

Der OGH bestätigte die zweitinstanzliche Entscheidung. Zur Haftung des Beklagten führte der OGH aus:

Die Grundsätze der deliktischen Haftung auf der Grundlage des § 1297 ABGB gelten allgemein für jeden Schädiger, der außerhalb eines Vertragsverhältnisses Arbeiten ausführt, und daher auch für die Haftung des Beklagten im Anlassfall. Entgegen der Ansicht des Beklagten ist für die Erwägungen zur deliktischen Haftung nach § 1297 ABGB keine „Sonderbeziehung“ zwischen Schädiger und Geschädigtem erforderlich. Im gegebenen Zusammenhang sind zwei Fälle zu unterscheiden.

Der erste Fall bezieht sich auf die Haftung als Sachverständiger nach § 1299 ABGB. Sie trifft denjenigen, der eine Tätigkeit geschäftlich anbietet, die besondere Fachkenntnisse erfordert, oder der als ein solcher Sachverständiger auftritt, also denjenigen, der eine besondere Sachkunde nach außen hin für sich in Anspruch nimmt (vgl 4 Ob 137/10s). Diese Haftung richtet sich nach einem objektiven Sorgfaltsmaßstab und macht daher grundsätzlich auch dann haftbar, wenn dem Sachverständigen gerade wegen seiner im konkreten Fall mangelnden Fähigkeiten kein subjektiver Vorwurf gemacht werden kann. Jeder, der eine solche besondere Tätigkeit, zum Beispiel als befugter Gewerbsmann ausübt, muss auch dafür einstehen, dass er die nötigen Fähigkeiten hat (vgl 5 Ob 131/16z).

Zu dieser Sachverständigenhaftung hält der OGH zudem fest, dass nach herrschender Ansicht § 1299 ABGB nur das Verhältnis zwischen dem Sachverständigen und seinem „Auftraggeber“ (im Rahmen eines besonderen Rechtsverhältnisses bzw einer Sonderbeziehung) regle. Diese Einschränkung bezieht sich nur auf die Haftung nach dem besonderen Sorgfaltsmaßstab nach § 1299 ABGB. Gegenüber Dritten bleibt es bei der Haftung nach den allgemeinen Regeln gemäß § 1297 ABGB.

Der zweite Fall betrifft die Haftung desjenigen, der ohne Not ein Geschäft übernommen hat, dem er nicht gewachsen ist, weil das Geschäft besondere Fachkenntnisse erfordert. Hier haftet der Schädiger nicht deswegen, weil er bei der Ausführung etwas übersehen, sondern weil er das Geschäft übernommen hat. Bei dieser allgemeinen Haftung nach § 1297 ABGB richtet sich der Schuldvorwurf nach den allgemeinen Regeln, bei denen es auf die Einhaltung des gewöhnlichen Fleißes und der gebotenen Aufmerksamkeit nach den subjektiven Fähigkeiten und Kenntnissen ankommt.

Es gelten daher laut OGH folgende Rechtssätze: Derjenige, der sich wissentlich oder fahrlässig an eine in der Regel von einem Fachmann durchzuführende, bei nicht fachgemäßer Ausführung erkennbar mit Gefahren verbundene Arbeit heranmacht, ohne über die erforderlichen Fachkenntnisse zu verfügen, die Arbeit also nicht unterlässt, handelt schuldhaft und haftet deliktisch.
Wer erkennbar gefährliche Arbeiten übernimmt, deren Konsequenzen er nicht abschätzen kann, verletzt im Allgemeinen die Verpflichtung der gewöhnlichen Aufmerksamkeit iSd § 1297 ABGB. Erfolgt eine solche schädigende Handlung in einem Haus, in dem Schäden in erkennbarer Weise auch in anderen Wohnungen (als der eigenen bzw der gemieteten Wohnung) oder beim Hauseigentümer eintreten können, so befinden sich auch diese Personen im Kreis derjenigen, die durch das Gesetz geschützt werden sollen und sind daher ebenfalls unmittelbar Geschädigte.

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