4. Zugabenverbot (§ 9a UWG)

§ 9a UWG ist nicht mehr allgemein anwendbar

(OGH 15.2.2011, 4 Ob 208/10g)

Leitsatz:
Aufgrund der festgestellten Europarechtswidrigkeit eines allgemeines Zugabenverbotes durch den EuGH hat der OGH in diesem Verfahren eine teleologische Reduktion des § 9a vorgenommen, um eine richtlinienkonforme Anwendung zu gewährleisten.

Zusammenfassung:
Die beklagte Medieninhaberin kündigte in ihrer Tageszeitung die Wahl eines „Fußballer des Jahres“ an, wobei das Publikum aufgefordert wurde, daran mittels einen in der Zeitung abgedruckten Wahlcoupon oder per Internet teilzunehmen. Die Teilnahme ermöglichte den Gewinn eines Abendessens mit dem gewählten Fußballer. Der Kläger als Herausgeber einer anderen Tageszeitung war der Ansicht, dass diese vom Erwerb der Zeitung abhängige Gewinnspielmöglichkeit eine unzulässige Zugabe im Sinne des § 9a UWG wäre.

Nach Ansicht des OGH war die zu erlassende Entscheidung von der Auslegung der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken abhängig und er legte dem EuGH diesen Fall zur Vorabentscheidung vor.

Laut der schon dargestellen Entscheidung des EuGH steht dem Zugabenverbot des § 9a UWG, soweit es den B2C-Bereich betrifft, die UGP-Richtlinie entgegen. Im Detail führt er zunächst aus, dass der Begriff „Geschäftspraktik“ besonders weit formuliert ist und daher auch Werbekampagnen wie hier mit dem Kauf von Waren verknüpfte Preissausschreiben darunter fallen. Das von der österreichischen und belgischen Regierung vorgebrachte Argument, dass diese Verkaufsförderungsmaßnahmen nicht von der UGP-Richtlinie erfasst wären, weil sie zeitgleich Gegenstand eines Vorschlags der Kommission für eine Verordnung gewesen wären, hat der EuGH nicht geteilt, weil dieser Vorschlag dann nicht angenommen wurde.

Das in § 9a Abs 1 Z 1 UWG angeordnete Verbot verstößt daher gegen den abschließenden Charakter der Liste jedenfalls unzulässiger Geschäftspraktiken in Anhang I der UGP-RL, weil es unabhängig von den Umständen des Einzelfalles gilt. Die zum Kaufentschluss des Durchschnittsverbrauchers beitragende Koppelung des Warenbezugs mit einem Gewinnspiel ist laut EuGH nicht jedenfalls eine unlautere Geschäftspraktik.

Auf dieser Grundlagte ist § 9a Abs 1 Z 1 UWG laut OGH richtlinienkonform auszulegen. Nachdem der Gesetzgeber mit der UWG-Novelle 2007 die UGP-RL im Sinne einer Maximalharmonisierung europarechtskonform umsetzen wollte, liegt eine planwidrige Regelungslücke vor. In diesem Fall ist laut OGH der erkennbare Wille des Gesetzgebers durch Rechtsfortbildung in Form einer teleologischen Reduktion des § 9a UWG umzusetzen.

Das im § 9a UWG enthaltene Zugabenverbot ist daher nur mehr dann anwendbar, wenn die beanstandete Geschäftspraktik im konkreten Fall irreführenden, aggressiven oder unlauteren Charakter hat. Im Anlassfall liegt damit kein unzulässiges Gewinnspiel vor. Entgegen der von der Klägerin vertretenen Auffassung ist der strittigen Ankündigung nicht zu entnehmen, dass insgesamt fünf Abendessen mit den Siegern der einzelnen Spielkategorien ausgespielt würden. Im durch Fettdruck hervorgehobenen Einleitungssatz des Fließtexts ist nur von "einem" Abendessen mit "dem" Sieger der Fußballerwahl die Rede.

Die Klägerin hat nicht behauptet, dass die Ankündigung aus anderen Gründen unlauter sei. Insbesondere ist es nach der Vorabentscheidung ausgeschlossen, allein die Koppelung des Kaufs einer Ware mit einem Gewinnspiel - also das Ausnutzen des Spieltriebs der Verbraucher - als unlauter zu verstehen. Im vorliegenden Fall sind laut OGH keine Gründe erkennbar, die die Annahme sonstiger Unlauterkeit tragen könnten.

In weiterer Folge hat dann der Gesetzgeber § 9a UWG und damit das allgemeine Zugabenverbot im Rahmen der Kartellrechtsnovelle 2013 zur Gänze aufgehoben.

Zugehörige Paragraphen des UWG:

§ 9a (Entfällt)

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