| | Jede Gesetzesverletzung begründet dann unlauteres Handeln im Sinne des § 1 UWG, wenn sie subjektiv vorwerfbar und dazu geeignet ist, dem gesetzwidrig Handelnden einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen. Das ohne fast immer angenommene Erfordernis einer Wettbewerbsabsicht ist mit der UWG-Novelle 2007 entfallen. Auch mit einem Gesetzesverstoß, der dem Wettbewerber keinen unmittelbaren Ertrag bringt, kann ein Vorsprung gegenüber gesetzestreuen Mitbewerbern verbunden sein, wenn das Verhalten geeignet ist, künftige Marktchancen des Handelnden zu vergrößern (ÖBl 2003, 79 – K-Hitradio). Die bloße Erzielung von Einnahmen zu gesetzwidrig früheren Terminen bei schon gewonnenen Kunden reicht hingegen zur Annahme einer Förderung des eigenen Wettbewerbs auf Kosten der Mitbewerber noch nicht aus (ÖBl 2004, 71 – Bauträgerverträge). Auch bloß geringfügige Mängel der Bauausführung in einem Einkaufszentrum begründen mangels Wettbewerbsvorsprung keinen spürbaren Verstoß (ÖBl 2006, 268 – Einkaufszentrum U III).
Unlauterer Rechtsbruch liegt zB bei der Übertretung verschiedenster Bestimmungen der Gewerbeordnung, bei einem Verstoß gegen die Öffnungszeiten (siehe zB ÖBl 2001, 105 – Reisebedarf) bzw die Sonn- und Feiertagsruhe oder den Preisauszeichnungsvorschriften vor. Das Gleiche gilt für die Verletzung von Raumordnungsvorschriften (zB ÖBl 2004, 120 – Fachmarktzentrum). Auch die Missachtung einer branchenspezifischen Standesregel kann unlauter sein. Ebenso kann ein Verstoß gegen kartellrechtliche Bestimmungen gleichzeitig einen Verstoß gegen § 1 UWG bilden.
Auch ein unlauterer Rechtsbruch durch Verstoß gegen Vergabevorschriften ist von der Rechtsprechung in einem konkreten Fall bejaht worden (ÖBl 2000, 59 – Wasserwelt Amade; siehe auch ÖBl 2001, 109 – cook & chill-Produktion). Allerdings ist eine solche Klage nach § 341 Abs 2 BVerG nur zulässig, wenn die zuständige Vergabekontrollbehörde zuvor eine der in dieser Bestimmung näher genannten Feststellungen getroffen hat, was damit eine Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs darstellt und eine Klage ohne diese Feststellung unzulässig macht (OGH 9.8.2011, 4 Ob 100/11a – Westbahn).
Schließlich stellt zB ein Verstoß gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften ebenfalls ein wettbewerbswidriges Verhalten dar (ÖBl 2003, 15 – Bankshop).
Überdies setzt sich über ein Gesetz auch hinweg, wer zwar nicht „dem Buchstaben des Gesetzes nach” gegen ein Verbot verstößt, aber ein Verhalten setzt, welches im Ergebnis den Zweck des Gesetzes vereitelt (ÖBl 1996, 77 - Zahnambulatorium).
Die Rechtsprechung nimmt einen Verstoß gegen § 1 UWG auch nach der UWG-Novelle 2007 weiterhin nur an, wenn die Norm nicht auch mit guten Gründen in einer Weise ausgelegt werden kann, dass sie dem beanstandeten Verhalten nicht entgegensteht (ÖBl 2008, 237 - Stadtrundfahrten). Ist daher bei unterschiedlicher Auslegung der verletzten Vorschrift die Auffassung des Rechtsverletzers über ihre Bedeutung durch das Gesetz so weit gedeckt, dass sie mit guten Grund vertreten werden kann, dann liegt keine unlautere Wettbewerbshandlung vor.
Diese vertretbare Rechtsansicht liegt jedenfalls dann nicht vor, wenn die Rechtsauffassung im Gegensatz zu einem klaren Gesetzeswortlaut, zur offenkundigen Absicht des Gesetzgebers oder zu einer feststehenden höchstrichterlichen Judikatur steht. Dabei kommt es nicht weiter darauf an, aufgrund welcher subjektiven Umstände er gerade zu dieser Rechtsauffassung gelangt ist (ÖBl 2001, 261 – Hausdruckerei). Nicht wettbewerbswidrig ist allerdings nur ausnahmsweise eine Gesetzesverletzung, die auf einem (einmaligen) Versehen beruht und der kein Organisationsmangel zugrunde liegt (ÖBl 1996, 88 - Knoblauch-Kapseln).
Maßgebend für den Umfang einer Gewerbeberechtigung ist zunächst der Wortlaut der Gewerbescheine im Zusammenhalt mit den einschlägigen Rechtsvorschriften. Bleiben danach Zweifel, sind die den einzelnen Gewerben eigentümlichen Arbeitsvorgänge, die historische Entwicklung und die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen heranzuziehen. So können Angaben etwas eines Berufslexikons, die Ausbildungsvorschriften, aber auch Fachstatuten von Fachgruppen als Beurteilungsgrundlage verwendet werden (ÖBl 2002, 270 – Unternehmensberater).
Dabei darf ein Gewerbetreibender nicht im Wege der Ausübung mehrerer Nebenrechte den wirtschaftlichen Schwerpunkt seiner hauptberuflich ausgeübten gewerblichen Tätigkeit verschieben und damit die Eigenart seines ursprünglichen Betriebs verändern (ÖBl 2005, 257 – Ausarbeitung von Filmen). Bei ideellen Vereinen ist die Grenze einer reinen Mitgliederwerbung überschritten, wenn sich der Verein mit seinem beworbenen Leistungsangebot wie hier von Steuerberatungsleistungen in unmittelbaren Wettbewerb mit einer Berufsgruppe stellt (ÖBl 2005, 114 – gewerberechtlicher Buchhalter).
Bloße Vertragsverletzungen, zu denen das Zuwiderhandeln gegen eine vereinbarte Konkurrenzklausel gehört, begründen in der Regel noch keinen Anspruch nach dem UWG. Ein solcher ist nur dann zu bejahen, wenn zur Vertragsverletzung besondere, die Unlauterkeit begründende Umstände hinzutreten, die den Verstoß nicht mehr als reine Vertragsverletzung, sondern als Wettbewerbsverstoß erscheinen lassen. So handelt ein Angestellter, der über den Bruch der mit seinem früheren Dienstgeber vereinbarten Konkurrenzklausel hinaus planmäßig den Wettbewerb seines neuen Arbeitgebers fördert, unlauter (ÖBl 1998, 22 - Elektronik Aktuell). Wettbewerbswidrig handelt auch ein Dienstnehmer, der noch während des aufrechten Dienstverhältnisses von ihm betreute Kunden zur Vorbereitung seiner Tätigkeit als selbstständiger Unternehmer abwirbt (ÖBl 1995, 112 - Reinigungsarbeiten trotz Konkurrenzverbots). Das Gleiche gilt für den Bruch eines zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Lizenzvertrags (ÖBl 2002, 15 – St. Barbara-Brot). Ein Vertragsbruch ist auch unlauter, wenn die Wettbewerbshandlung als solche unabhängig von der Vertragsverletzung gegen den fairen Wettbewerb verstößt, was der Fall ist, wenn es sich um eine wettbewerbsregelnde Vereinbarung handelt (ÖBl 2006, 174 – Arosa).
Weiters hat der OGH die Verwendung unzulässiger AGB als sonstige unlautere Handlung qualifiziert, was damit auch über das UWG verfolgt werden kann (OGH 23.2.2010, 4 Ob 99/09a – Zero intern). Auch der Verstoß gegen sozialversicherungsrechtliche Gesamtverträge fällt unter die Fallgruppe Rechtsbruch (OGH 13.7.2010, 4 Ob 121/10p – Kassentarif).
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